Wahlkampf um die innere Sicherheit
Selbst die Grünen wollen mehr Polizei - Terror und die Folgen von Köln sind bei allen Parteien ein Thema
Berlin. In den Parteien wird derzeit ein Wahlkampf um die innere Sicherheit vorbereitet, und er folgt dem Motto: Wer bietet mehr? Nach den Terroranschlägen von Paris und Brüssel und den Zwischenfällen an Silvester in Köln sowie angesichts steigender Einbruchszahlen wollen die politischen Lager vor allem mit einer Aufstockung der Sicherheitskräfte punkten.
Seit Dienstag sind auch die Grünen mit im Spiel. Die Partei, die sich bisher immer eher polizeikritisch verhalten hatte, veröffentlichte ein Positionspapier ihrer Bundestagsfraktion in dem es heißt: "Wir setzen auf eine starke Polizei". Mehr Personal sowie modernste Ausstattung seien notwendig. Immer schärfere Sicherheitsgesetze lehnen die Grünen demgegenüber ab. Es gelte "unseren Rechtsstaat und unsere Freiheit entschlossen zu verteidigen", heißt es - Töne, die man sonst eher von CDU und CSU gehört hat. Auch die früher beliebte Forderung nach einer Abschaffung der Geheimdienste gehört in dieser radikalen Form nicht mehr zum Repertoire der Öko-Partei. Jetzt verlangt sie, den Verfassungsschutz durch ein unabhängiges Institut zu ersetzen, dass demokratiefeindliche Bestrebungen beobachten und analysieren soll; der Bundesnachrichtendienst soll vom Parlament besser kontrolliert werden.
Den Grünen reicht die von der Bundesregierung Anfang des Jahres beschlossene Aufstockung der Bundespolizei um 3.000 Stellen nicht aus; konkrete Zahlen stehen allerdings nicht in ihrem Papier. Das ist bei den Sozialdemokraten anders. Die Parteirechten des Seeheimer Kreises der SPD veröffentlichten bereits im Februar Forderungen, die Bundespolizei sogar um 20.000 auf dann 60.000 Stellen zu vergrößern. Fraktionschef Thomas Oppermann hatte zu Jahresbeginn eine Vergrößerung um 6.000 Stellen zusätzlich beim Bund und 6.000 bei den Ländern angeregt.
Die Aktivitäten rufen die Union auf den Plan, die sich auf ihrem ureigenen Feld der Inneren Sicherheit ungern von links überholen lassen will. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sagte auf Anfrage, die Grünen hätten bis vor kurzem noch das Schreckgespenst eines Polizeistaates an die Wand gemalt; führende Vertreter der Partei hätten sich früher Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Der Versuch, sich "vom Saulus zum Paulus" zu wandeln, sei daher unglaubwürdig. Die Union hatte im letzten Jahr die Einbruchskriminalität zum Schwerpunktthema gemacht und unter anderem ein Förderprogramm für den besseren Schutz von Häusern und Wohnungen durchgesetzt. Zudem fordert auch sie jetzt, die Zahl der Bundespolizei-Angehörigen über die schon beschlossenen 3000 hinaus aufstocken; konkrete Zahlen gibt es aber noch nicht.
Die Linken finden das Ganze ein Hase- und Igelrennen, wie ihre Fraktionsvize Jan Korte auf Anfrage sagte. Prinzipiell entziehen wollen sie sich dem aber nicht. Vorschläge zur Stärkung einer guten Polizeiarbeit bei gleichzeitigem Abbau der unkontrollierbaren Geheimdienste gingen aus seiner Sicht in die richtige Richtung, sagte Korte. "Wir wollen aber natürlich genauer darüber diskutieren, an welchen Stellen mehr Polizei tatsächlich von Nöten ist und verhindern, dass diese ihrerseits die Bürgerinnen und Bürger präventiv im großen Stil überwacht."