Analyse Warum der neue CDU-Chef in spe volles Risiko geht
Berlin · Im April findet jetzt nur eine „Nachwahl“ statt. Schon gibt es neue Sorgen um die Geschlossenheit der Partei.
Wer immer auch von den drei Kandidaten auf dem Parteitag der CDU am 25. April zum neuen Vorsitzenden gewählt wird, kann sich seiner Sache nicht sicher sein. Und das knapp acht Monate lang. Denn im Dezember muss sich der neue Chef schon wieder zur Wahl stellen. Das vereinbarten die Aspiranten jetzt mit der Noch-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Schon geht die Sorge um, dass die CDU im ganzen Jahr 2020 nicht zur Ruhe kommen wird.
Die einstündige Besprechung mit Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz fand am späteren Montagabend statt. AKK, Generalsekretär Paul Ziemiak und Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig sondierten dabei die Vorstellungen der Kandidaten hinsichtlich des Verfahrens bis zum Parteitag. Festgelegt wurde, dass am 25. April lediglich eine Nachwahl des Vorsitzenden stattfinden wird. Turnusgemäß muss er sich dann wieder auf dem Parteitag Anfang Dezember in Stuttgart dem Votum der 1001 Delegierten stellen. So wird sichergestellt, dass die Amtszeit des neuen Vorsitzenden genauso lang ist wie die der restlichen Parteispitze, die ebenfalls in Stuttgart neu bestimmt wird.
Das birgt freilich erhebliche Risiken. In Berlin wurde bereits spekuliert, was möglicherweise passiert, wenn es ein ähnlich knappes Ergebnis geben wird wie seinerzeit bei der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer. Dem Vernehmen nach soll es zumindest eine Absprache geben, wonach die Verlierer keinen zweiten Anlauf unternehmen wollen.
Der Wettbewerb der drei Kandidaten wird giftiger
Trotz aller Treuschwüre wird es wieder eng, könnte das unterlegene Lager dennoch die Zeit bis Dezember nutzen, um dem neuen Chef zahlreiche Steine in den Weg zu legen. So, wie es AKK auch ergangen ist. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, rief daher seine Partei schon auf, die Entscheidung vom 25. April „geschlossen zu tragen“. Denn das sei die Voraussetzung „für eine erfolgreiche Bundestagswahl“ im Jahr darauf.
Auch der Wettbewerb der drei Kandidaten scheint giftiger zu werden. Jeder versucht, sich vom anderen abzugrenzen. Bei seinen vielen Auftritten betont Merz immer wieder, ein „Weiter so“ werde es mit ihm nicht geben. Die aktuelle Lage scheint ihm dabei in die Hände zu spielen – Merz war der erste, der angesichts des neuen Flüchtlingsdramas forderte, den Betroffenen klar zu sagen, dass es weder eine Einreise in die EU noch eine Weiterreise nach Deutschland geben werde. 2015 dürfe sich nicht wiederholen. Demgegenüber meckert Armin Laschet vor allem gegen Merz. Ihm könnte nutzen, dass sein Teampartner, Gesundheitsminister Jens Spahn, die Corona-Krise relativ überzeugend managt. Derweil sucht Norbert Röttgen sein Heil in Interviews, in denen er auf Distanz zu beiden Konkurrenten geht. Angesichts der Lage im syrischen Idlib ist er derzeit auch ein gefragter Gesprächspartner in seiner Funktion als Außenpolitiker.
Bis zum Parteitag sollen die Mitglieder nun mehrfach Gelegenheit haben, den drei Kandidaten ihre Fragen zu stellen. Das wurde ebenfalls im Konrad-Adenauer-Haus vereinbart. Geplant sind einzelne „CDU live“-Talks und zwei zentrale „Townhall“-Gespräche mit allen drei Anwärtern, die im Internet übertragen werden. Außerdem sollen Mitglieder über „Kandidaten-Fragebögen“ ihre Fragen schriftlich an Laschet, Röttgen und Merz stellen können. Gemeinsame Auftritte vor Landesverbänden sind hingegen nicht vorgesehen.