Wegen Rekordreserven: Ruf nach Aus für Gesundheitsfonds
Berlin (dpa) - Braucht die Krankenversicherung ein Milliardenpolster? Noch ist nicht vom Tisch, dass damit Haushaltslöcher gestopft werden könnten. Schon gewinnt eine Debatte um ein Ende des Gesundheitsfonds an Fahrt.
Vier Jahre nach dem Start des Gesundheitsfonds lassen die Rekordüberschüsse der Krankenversicherung den Ruf nach einer radikalen Reform der Kassenfinanzen laut werden. „Der Gesundheitsfonds sollte abgeschafft werden, und die Krankenkassen sollten die Beiträge wieder individuell festlegen“, sagte der Vize-Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag). „Es ist ein Unsinn, den Leuten so einen Haufen Geld abzunehmen.“
Mit dem Start des Gesundheitsfonds unter der großen Koalition Anfang 2009 wurde auch ein bundesweit einheitlicher Beitragssatz eingeführt. Derzeit liegt dieser bei 15,5 Prozent. Sämtliche Beitrags- und Steuergelder fließen in den Fonds und werden von dort an die Kassen verteilt.
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte eine Rückkehr zu individuellen Beitragssätzen. „Durch die Milliarden-Überschüsse sind die Bedingungen für die Einführung einer Bürgerversicherung so günstig wie nie.“ Der Gesundheitsfonds solle aufgelöst, seine Milliarden-Rücklagen sollten an die einzelnen Kassen verteilt werden - mit der Verpflichtung, sie zur Senkung des Beitragssatzes zu nutzen.
Die gute Konjunktur und moderate Ausgaben haben der gesetzlichen Krankenversicherung bis Ende 2012 Rekordreserven von 28,3 Milliarden Euro beschert. Allein das Polster des Fonds wuchs um 3,6 auf 13,1 Milliarden Euro.
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sieht keine Chancen, den Gesundheitsfonds jetzt abzuschaffen. Von der FDP sei er nicht erfunden worden, sagte ein Sprecher Bahrs. „Wir sind jetzt in dem System, in dem wir sind. Und dabei bleibt es jetzt auch.“
Die Ersatzkassen wie Barmer GEK und DAK begrüßten den Vorstoß zur Beitragssatzautonomie der einzelnen Kassen. Der Vorsitzende ihres Verbandes vdek, Christian Zahn, sagte: „Überschüsse im Gesundheitsfonds würden bei den Krankenkassen ankommen, was jetzt nicht der Fall ist.“ Die Linke-Gesundheitsexpertin Martina Bunge hielt entgegen: „Ein einheitlicher Beitragssatz ist richtig und war ein großer Fortschritt.“
Das Bundesfinanzministerium bestätigte, dass Überlegungen noch nicht vom Tisch sind, den Steuerzuschuss an die Krankenversicherung zum Zweck der Haushaltskonsolidierung stärker als bisher geplant zu kürzen. „Wir sind in der Endphase der Verhandlungen“, sagte eine Sprecherin. „Es wird mit allen Ressorts gesprochen.“
Die Techniker Krankenkasse (TK) warnte vor einem Stopfen von Haushaltslöchern mit Hilfe von Beitragsgeld. Die Mittel der Krankenversicherung sollten auch den Krankenversicherten zugute kommen, sagte Vorstandschef Jens Baas der Deutschen Presse-Agentur. „Alles andere wäre ein ordnungspolitischer Sündenfall.“
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, mit dem Geld zum Beispiel die Krankenversorgung für Pflegebedürftige zu verbessern.