Wirtschaft verlangt Entlastung bei Strompreisen
München (dpa) - Die deutsche Wirtschaft fordert von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein energisches Vorgehen gegen den drastischen Anstieg der Strompreise.
Ihre Spitzenverbände zeigten sich beim jährlichen Spitzengespräch mit der Kanzlerin auf der Münchner Handwerksmesse besorgt, dass die permanent zunehmenden Energiekosten die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gefährden. „Wir brauchen ganz sicher hinreichende Energie jederzeit verfügbar zu bezahlbaren Preisen“, sagte Hans Heinrich Driftmann, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). „Ich erwarte, dass dort Änderungen eintreten.“
Merkel gab keine neuen Zusagen, beteuerte aber, dass sie mit „aller Kraft“ für die geplante Strompreisbremse kämpfen werde. „Wir brauchen hier Veränderungen, um nicht die Kostensteigerung zu stark werden zu lassen.“ Die Befreiung energieintensiver Unternehmen von den Netzentgelten will die CDU-Chefin gegen die EU-Kommission im Kern verteidigen. „Wir glauben, dass die Befreiung der Netzentgelte richtig ist, dort wo Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen“, sagte sie.
Gleichzeitig bereitete die Kanzlerin die Unternehmen jedoch darauf vor, dass es im Erneuerbare-Energien-Gesetz künftig weniger Ausnahmen für Firmen als bisher geben soll. „Wir müssen gucken, ob unsere Befreiungsregelungen so trenngenau sind, wie das notwendig ist, oder ob es dort auch viele gibt, die heute profitieren, die vielleicht nicht so stark im internationalen Wettbewerb stehen.“
Die Bundesregierung will nach Merkels Angaben auch das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf analysieren, das die Netzentgelt-Befreiung wegen fehlender gesetzlicher Grundlage gekippt hatte. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, die Wirtschaft sei über das Urteil „besorgt“.
In den Verbänden wachsen die Zweifel, dass der schwarz-gelben Bundesregierung vor der Wahl entscheidende Schritte zur Dämpfung des Strompreisanstiegs gelingen werden: Handwerkspräsident Otto Kentzler forderte Merkel auf, sich trotz der „schrecklichen Lage“ mit unterschiedlichen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat für eine Lösung einzusetzen. „Der große Wurf wird sicher erst nach der Wahl gelingen“, sagte Kentzler.
Angesichts der häufigen Streiks kleiner Spartengewerkschaften forderte Arbeitgeberpräsident Hundt die Wiedereinführung der Tarifeinheit. Nach diesem Prinzip gibt es in einem Betrieb nur einen Tarifvertrag. „Trotz aller Inaussichtstellungen sind wir bei dem Thema bisher nicht vorangekommen“, kritisierte Hundt. Merkel sagte Unterstützung zu: „Was die Tarifeinheit anbelangt, werde ich für Mehrheiten werben.“
Die Wirtschaft forderte Merkel zudem zu größerem Spareifer im Bundeshaushalt auf: „Die Bundesregierung hat weiter erheblichen Nachholbedarf in der Haushaltskonsolidierung“, kritisierten der Arbeitgeberverband, der Bundesverband der deutschen Industrie, der DIHK und das Handwerk in einer gemeinsamen Erklärung.
Merkel ihrerseits verlangte von der Wirtschaft mehr Engagement bei der Beförderung von Frauen in Spitzenpositionen auf. Sonst werde eine gesetzliche Frauenquote wahrscheinlicher werde.