Wowereit lässt Kritik an sich abtropfen
Berlins Regierender Bürgermeister wehrt sich gegen Vorwürfe in der Steueraffäre seines ehemaligen Staatssekretärs Schmitz.
Berlin. Eher gelangweilt sitzt Klaus Wowereit (SPD) vorne im proppenvollen Sitzungssaal 767 des Berliner Abgeordnetenhauses. Die Opposition referiert da gerade über den Schaden, der der Stadt mal wieder durch das Verhalten des Regierenden Bürgermeisters entstanden sein soll.
Über den Eindruck, dass in der Steueraffäre seines Kulturstaatssekretärs André Schmitz „für SPD-Freunde andere Regeln gelten“, wie die Grüne Ramona Pop stichelt. Starker Tobak, doch Wowereit macht das, was er in solch kniffligen Situationen gerne macht: Er gibt den „Teflon-Wowi“. So lautet sein Spitzname in der Hauptstadt. Alle Vorwürfe, die bei der Sondersitzung des Rechts- und Kulturausschusses gegen ihn erhoben werden, lässt er mit leicht gequältem Blick an sich abtropfen.
Mit dieser Haltung hat es der 60-Jährige geschafft, 13 Jahre lang im politisch stets turbulenten Berlin an der Spitze des Senats zu bleiben. Selbst das Flughafen-Debakel in Schönefeld hat er überstanden. Wowereit ist jetzt der dienstälteste Regierungschef eines Bundeslandes, ein SPD-Dino, eine linke Wahlkampflokomotive, weswegen auch die Bundespartei genau darauf achtet, was in der Hauptstadt vor sich geht.
Diesmal bringt ihn die Steueraffäre seines privaten wie politischen Freundes Schmitz in die Bredouille, der als Kulturstaatssekretär seinen Hut nehmen musste. „Ich stehe auch heute noch zu der Entscheidung von damals“, lässt er die verdutzt dreinschauenden Abgeordneten wissen, warum er ihn damals gestützt hatte.
Wowereit wird stets vorgeworfen, er lasse die Dinge laufen, sei uninteressiert an dem, was in der Stadt passiere. Als die Affäre letzte Woche hochkochte, erholte er sich gerade im Ski-Urlaub. Doch die Gelassenheit täuscht. Wenn der Arbeiterjunge aus dem Bezirk Tempelhof gepiesackt wird, dann packt ihn die Kampfeslust. Auch in dieser Affäre scheint das so zu sein. Klein beigeben durch eine Entschuldigung oder gar Rücktritt? Nicht Wowereit. Politisch habe er abgewogen zwischen der Verfehlung und den Verdiensten des Staatssekretärs. „Das ist auch eine Frage der Loyalität“, sagt er. Die jahrelange, „hervorragende Arbeit“ von Schmitz für die öffentliche Hand sei für ihn ausschlaggebend gewesen, ihn im Amt zu belassen.
Wowereits größter Trumpf ist allerdings, dass es derzeit zu ihm keine personelle Alternative in Berlin gibt. Geschickt hat es der Regierende verhindert, dass potenzielle Nachfolger sich in Stellung bringen konnten. Und weil das so ist, machte „Wowi“ nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub am Wochenende als erstes das, was er mit am liebsten macht: Sich ganz gelassen mit Promis zum Essen treffen. Sind ja gerade Filmfestspiele.