Hubschrauber nicht einsetzbar Zu wenig Flugstunden: Bundeswehr-Piloten verlieren Lizenzen

Berlin (dpa) - Hubschrauberpiloten der Bundeswehr verlieren wegen mangelnder Flugstunden immer wieder ihre Lizenzen. Das geht aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Grünen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

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Im Jahr 2017 büßten 19 von 129 Hubschrauberpiloten ihre Fluglizenzen ein, weil sie das Soll an Realflugstunden nicht erfüllen konnten - das ist mehr als jeder zehnte Pilot. 2016 waren es demnach 12 von 135 Piloten. Die Lizenzen seien nach Schulungen erneut erteilt worden, schreibt Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (CDU) in dem Papier.

Das Problem hat mit der mangelnden Einsatzbereitschaft der Waffensysteme zu tun. Militärmaschinen wie der CH-53 leiden unter technischen Ausfällen und stehen nicht oft genug für Ausbildungsflüge zur Verfügung. Einem Bericht der Bundeswehr von Februar 2018 zufolge waren von 72 CH53-Transporthubschraubern nur 16 einsatzbereit, von 58 NH90-Transporthubschraubern etwa nur 13.

„Bei den wichtigsten Hubschraubertypen ist weiterhin nicht mal ein Drittel der verfügbaren Maschinen einsatzbereit“, kritisierte die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bekomme die „desolate Situation bei den Hubschraubern kein bisschen in den Griff“. Leidtragende seien die Menschen in der Bundeswehr.

Brugger erkundigte sich auch nach der Belastung der Hubschrauberpiloten im Einsatz. Als planerische Grundlage sieht die Bundeswehr nach vier Monaten Einsatz eine Regenerationsphase von 20 Monaten vor dem nächsten Einsatz vor. Dieser Rhythmus muss wegen der Einsatzbelastung immer wieder durchbrochen werden - dem Papier zufolge sowohl bei Piloten der NH90-Transporthubschrauber in Mali als auch bei Piloten der CH53-Transporthubschrauber in Afghanistan. „Eine Entspannung ist unter Berücksichtigung der Auftrags-, Sicherheits- und Bedrohungslage in Afghanistan nicht zu erwarten“, heißt es dort.

Im Bericht zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr aus dem Frühjahr finden sich noch drastischere Formulierungen dazu, wie die Ausbildung der Truppe unter der Einsatzbelastung leidet. „Die Bindung der Ressourcen im Einsatz führt zu einer Gefährdung der Durchhaltefähigkeit bei den qualifizierten Einsatzbesatzungen ab Mitte 2018“, warnte der Februar-Bericht etwa mit Blick auf den NH90-Einsatz in Mali. Bei der Verwendung des Helikopters CH-53 in Afghanistan schreibt der Bericht von einer „zunehmenden Erosion der Fähigkeiten des fliegenden Personals“.

Um die Piloten in der Luft und die Lizenzen gültig zu halten, mietet die Bundeswehr seit kurzem Flugstunden bei zivilen Anbietern an. Das Verteidigungsministerium habe per Vertrag für rund 21 Millionen Euro 6500 Flugstunden beim Automobilclub ADAC eingekauft, hatte der „Spiegel“ Ende des vergangenen Jahres berichtet. Bundeswehr-Piloten fliegen nun seit März in Bückeburg in zivilen ADAC-Helikoptern vom Typ EC 135 ihre Stunden ab, um ihre Zulassung behalten zu können, teilte das Heer mit.

Über die Ausrüstung der Truppe und den Wehretat wird derzeit in der GroKo gestritten. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist alles andere als zufrieden mit den am Mittwoch vorgestellten Haushaltsplänen des SPD-Finanzministers Olaf Scholz. Sie pocht auf einen höheren Etat, will Milliarden mehr für die Bundeswehr - auch mit Blick auf die Ausrüstungslage. SPD-Parteichefin Andrea Nahles wies die Kritik von der Leyens an einer angeblich unzureichenden Finanzausstattung ihres Ressorts zurück.

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bezeichnete die Zustände bei den Hubschrauberpiloten als Armutszeugnis. Die Bundesregierung trage einen offenen Streit auf dem Rücken der Soldaten aus, sagte sie der dpa. Die SPD habe die Notlage der Bundeswehr im aktuellen Streit um den Wehretat nicht verstanden. Es gehe nicht um Aufrüstung, sondern nur darum, „die existenziellen Mängel beim Material so zu beheben, dass zumindest eine vernünftige Ausbildung gewährleistet werden kann“. Die Kanzlerin müsse nun mit ihrer Richtlinienkompetenz einschreiten und notfalls SPD-Finanzminister Scholz in seine Schranken weisen.