Wegen Armenien-Resolution Zum 17. Mal: Türkei bestellt deutschen Botschafter ein
Berlin (dpa) - Zum zweiten Mal innerhalb von 48 Stunden hat das türkische Außenministerium den deutschen Botschafter Martin Erdmann einbestellt.
Bei dem Gespräch ging es um den seit Jahren ausgetragenen Streit, ob die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor mehr als 100 Jahren ein Völkermord waren oder nicht. Die türkische Regierung protestierte gegen eine Workshop einer unabhängigen Stiftung zu dem Thema. Das Auswärtige Amt erklärte nach dem Gespräch, der Botschafter habe die Unabhängigkeit und Freiheit von Stiftungen in Deutschland betont.
Es war die 17. Einbestellung Erdmanns in seiner gut zweijährigen Amtszeit. Erst am Samstag war er ins Außenministerium zitiert worden, weil bei einem kurdischen Kulturfest in Köln Bilder des PKK-Führers Abdullah Öcalan gezeigt wurden. Die kurdische Arbeiterpartei, die für zahlreiche Terroranschläge in der Türkei verantwortlich ist, ist auch in Deutschland verboten.
Die Einbestellung eines Botschafter gilt als eines der schärfsten Instrumente des diplomatischen Protests. Unter Nato-Partnern wird es normalerweise so gut wie nie genutzt. Insofern werfe das Vorgehen der Türkei ein „ganz bemerkenswertes Schlaglicht auf den Zustand der deutsch-türkischen Beziehungen“, sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer. Auch das Auswärtige Amt bestellte den türkischen Botschafter in Berlin in den vergangenen zwei Jahren mehrfach ein - zuletzt nach der Verhaftung des Menschenrechtlers Peter Steudtner in der Türkei.
Die neueste Einbestellung betraf ein Thema, das die deutsch-türkischen Beziehungen im vergangenen Jahr massiv belastet hat. Im Juni 2016 hatte der Bundestag beschlossen, die Gräuel an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als „Völkermord“ einzustufen. Ankara zog deswegen zeitweise den Botschafter aus Berlin ab. Mit der Erklärung, die Resolution sei nicht rechtsverbindlich, entschärfte die Bundesregierung den Streit später. Seitdem spielte die Resolution in dem schwer angeschlagenen deutsch-türkischen Verhältnis keine größere Rolle mehr.
In dem Gespräch mit Erdmann beschwerte sich die Türkei nun über einen Workshop einer deutschen Stiftung zu dem Thema. In der Veranstaltung sei es um „pädagogische Konzepte bei der Vermittlung von historischen Themen“ gegangen, teilte das Auswärtige Amt lediglich mit. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt.
Als Erdmann von der neuen Einbestellung erfuhr, war sein letzter Besuch im türkischen Außenministerium keine 48 Stunden her. „Es ist fast so, dass man den Überblick verliert, angesichts der vielen Einbestellungen unseres armen Botschafters“, kommentierte Außenamtssprecher Schäfer die hohe Frequenz.
Am Samstag protestierte die türkische Regierung bei Erdmann gegen ein kurdisches Kulturfestival in Köln mit mehr als 10 000 Teilnehmern, bei dem Bilder des PKK-Führers Öcalan gezeigt wurden, ohne dass die Polizei einschritt.
Die PKK ist in Deutschland seit 1993 als Terrororganisation verboten. Ein solches Verbot schließt auch das öffentliche Zeigen bestimmter Kennzeichen ein. Das Bundesinnenministerium hatte im März an die Sicherheitsbehörden der Länder eine Liste mit 33 Symbolen gegeben, die von dem Verbot betroffen sind. Auch ein Öcalan-Bild auf gelbem Hintergrund ist darunter.
Die Kölner Polizei verstand diese Liste nach eigenen Angaben so, dass nur genau diese Bilder verboten seien. Sie ließ daher das Schwenken von Öcalan-Fahnen mit anderen Bildern zu. Auch auf der Bühne wurde ein riesiges Bild des PKK-Führers gezeigt.
Für das Bundesinnenministerium fallen dagegen alle Öcalan-Bilder unter das Verbot. Sprecher Johannes Dimroth distanzierte sich deswegen vom Vorgehen der Kölner Polizei. „Für uns ist klar, dass das Geschehene im Prinzip so jedenfalls nicht unserem Verständnis des Vereinsverbots und dem damit einhergehenden Kennzeichenverbot entspricht“, sagte er. Es werde nun geprüft, ob der Katalog mit den verbotenen Symbolen nochmals konkretisiert werden müsse.