Politik Innenminister Horst Seehofer muss plötzlich an vielen Fronten kämpfen - das zeigt sich im Bundestag
Berlin. Den Mann bringt irgendwie nichts aus der Ruhe. Keine giftige Attacke der AfD, keine Oppositionsrede, die ausgerechnet ein Abgeordneter des Koalitionspartners SPD hält, und auch nicht der Vorwurf der Grünen: „Sie sind ein Heimatminister, der keinen Plan hat.“ Horst Seehofer sitzt auf der Regierungsbank wie ein Buddha.
Er hört einfach anderthalb Stunden lang zu, guckt stur nach vorn, ganz selten grinst er schelmisch oder schaut auf sein Handy. „Teflon-Horst“ scheint mit sich im Reinen.
Dabei ist die Luft plötzlich politisch dünner geworden für den neuen Bundesinnenminister, der am Tag Drei der Haushaltsberatungen im Bundestag seinen Etatentwurf einbringt. Im fernen Bremen tobt der Bamf-Skandal; der Umstand, dass dort in den Jahren 2013 bis 2016 mindestens 1200 Menschen einfach so Asyl gewährt worden sein soll, holt den christsozialen Sheriff jetzt hier in Berlin ein. Wann wusste er davon? Und was hat er unternommen? Seehofer wiegelt ab.
Darüber hinaus hat die CSU in seiner Heimat Bayern das umstrittene neue Polizeigesetz durchgedrückt, aus dem der Ex-Ministerpräsident ein Mustergesetz für ganz Deutschland machen möchte. Auch das wird ihm vor allem von der Linken um die Ohren gehauen. Seehofer schweigt dazu. Und als ob das noch nicht ausreichen würde, ringt die Koalition um die „Ankerzentren“ für Flüchtlinge, mit denen die Asylverfahren gebündelt und beschleunigt werden sollen, aber von denen mancher in der SPD wieder abgerückt ist.
Ziemlich viele Baustellen sind das für den „Superminister“. Nun ist der bald 69-Jährige politisch so erfahren, dass ihn wohl nichts mehr überrascht. Zu Beginn seiner Rede setzt er seine Botschaft. „Dieser Haushalt ist ein Haushalt für die nationale Sicherheit“, ruft er. Alles, was man versprochen habe, sei auf den Weg gebracht. Auch im Bereich Wohnen und Bauen. „Das Bundesinnenministerium liefert.“ Dann geht er auf die Bamf-Affäre ein. „Deutlich vor meiner Amtszeit hat es Ungereimtheiten in Bremen gegeben“, betont er. Das ist wahr, er ist gerade mal zwei Monate im Amt. Doch wird ihm vor allem von den Grünen in der Debatte vorgeworfen, die Aufklärung nicht entschieden genug vorangetrieben und eine Mitarbeiterin, die dazu beitragen wollte, strafversetzt zu haben. Die FDP spricht sich deshalb sogar für einen Untersuchungsausschuss aus. Seehofer betont, so ein Gremium sei für ihn „keine Bedrohung“. Er habe bereits eine „Systemüberprüfung“ durch den Bundesrechnungshof angeordnet, auch liefen in Bremen die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. „Das ist eine sachgerechte Aufarbeitung.“ Ausgestanden ist die Affäre damit aber noch lange nicht.
Das gilt auch für den Streit um die Ankerzentren. Es gehört zu den Auffälligkeiten dieser Haushaltsberatungen, dass SPD-Redner gerne auftreten wie Mitglieder der Opposition, wenn es um den Etat eines Unionsministers geht. Diesmal ist es der Innenexperte Burkhard Lischka. Seehofer erklärt, jede Einzelheit sei im Koalitionsvertrag festgelegt, deshalb verstehe er die Diskussion „nur sehr eingeschränkt“. In den „überschaubaren“ Einrichtungen sollen bis zu 1500 Flüchtlinge maximal 18 Monate lang untergebracht werden und dann alle Verfahren gebündelt bis hin zu einer möglichen Abschiebung durchlaufen. SPD-Mann Lischka wirft Seehofer allerdings vor, seit Wochen zwar Eckpunkte dafür anzukündigen, aber dem nicht nachzukommen. „Wann, wo und wie viele Ankerzentren soll es geben?“, fragt Lischka. Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch ruft dazwischen. „Sie regieren zusammen, schon vergessen?“ Da grinst auch „Buddha“ Seehofer auf der Regierungsbank.