Internet-Gemeinde geht mit Polizei auf Verbrecherjagd

Vorbild Niedersachsen: Bereits sieben Fälle geklärt. Zieht NRW jetzt nach?

Düsseldorf. Nach den Krawallen in Großbritannien hat die Londoner Polizei zu einer drastischen Maßnahme gegriffen: Sie stellte mehr als 50 Aufnahmen von mutmaßlichen Randalierern ins Internet und rief dazu auf, diese Menschen zu identifizieren.

Was so ungewöhnlich klingt, wird in Deutschland bereits praktiziert. Seit März stellt die Polizei in Niedersachsen einen Teil ihrer Fahndungsaufrufe im Sozialnetzwerk Facebook online und lädt dessen Nutzer zur gemeinsamen Verbrecherjagd ein.

So fordert die Polizei etwa mit einem Foto dazu auf, eine EC-Kartenbetrügerin zu identifizieren oder Hinweise zu einem mutmaßlichen Schläger zu geben. Die Aufrufe beginnen häufig mit den Worten „Liebe Facebook-Gemeinde“, der Umgangston ist betont freundschaftlich.

Entsprechend motiviert reagieren die Nutzer. Unter den Beiträgen sind bis zu 180 Kommentare zu lesen. Die Seite hat inzwischen mehr als 25 000 Fans, darunter etwa 1000 aus dem Raum Düsseldorf, wie Polizeisprecher Stefan Wittke aus Hannover mitteilt.

Sieben Fälle wurden bislang durch Hinweise von Internetnutzern aufgeklärt, darunter ein Autodiebstahl und zwei Fälle von vermissten Jugendlichen. „Beide haben sich selbst gemeldet, nachdem sie sich auf Facebook gesehen haben“, sagt Wittke.

Der Vorteil der Facebook-Fahndung aus seiner Sicht: „An Gewaltdelikten sind überwiegend junge Männer beteiligt, genau diese Zielgruppe erreichen wir im Netzwerk. 70 Prozent unserer Fans sind jünger als 35 Jahre.“ Zudem fände die Seite bundesweit Beachtung.

Die Facebook-Fahndung ist ein bislang einmaliges Modellprojekt, das noch bis Ende des Monats läuft. Laut Polizeisprecher ist eine Fortsetzung zu erwarten. Andere Polizeidienststellen würden sich „wie verrückt“ für das Projekt interessieren — auch in Nordrhein-Westfalen.

„Wir prüfen die Einführung“, sagt ein Sprecher des Landesinnenministeriums. Ein Grund für das Zögern: „Facebook ist ein US-Unternehmen. Wir würden uns in ausländisches Recht begeben.“