Facebook-Fahndung: Im Netz lauern schon die nächsten Täter

Die Polizei lädt im Internet zum „Mitfahnden“ ein

Die Polizei in Niedersachsen stellt ihre Fahndungsaufrufe im Sozialnetzwerk Facebook ein und bildet dort blitzschnell eine aktive Fangemeinde, die ihr hilft, Verbrecher zu entlarven und vermisste Jugendliche nach Hause zurückzuholen.

Die Idee klingt so simpel wie fortschrittlich und immerhin wurden bereits sieben Fälle durch Hinweise aus der Internet-Gemeinde gelöst — also alles prima? Nein, denn wer im Internet Öffentlichkeit erzeugt, Menschen mobilisiert und brisante Informationen verbreitet, ruft noch ganz andere Gefahren auf den Plan.

So kann die gemeinsame Freude am Identifizieren von Verbrechern schnell in falschen Eifer ausarten, der zu Hetzjagden und Verleumdungen führt. Auf Facebook gibt es keine Schranken, jeder kann jederzeit einen Namen oder eine falsche Verdächtigung unter einem Fahndungsfoto veröffentlichen.

Dass derartige Fälle auf der Facebook-Seite der Polizei in Niedersachsen bislang selten vorkommen, ist allein dem Kommunikationsgeschick und der Rund-um-die-Uhr-Kontrolle durch die Beamten zu verdanken.

Der entscheidende Punkt aber ist ein ganz anderer. Polizei und Innenministerium haben die Verbrecherjagd im sozialen Netz gestartet, ohne die wichtigste Frage zu stellen: Was passiert mit den vielen Fotos, die dort eingestellt werden?

Auf Facebook kann jeder Nutzer die veröffentlichten Fotos abspeichern und für eigene Zwecke nutzen. Die Polizei erfährt nicht einmal, wenn jemand Bilder von Verdächtigen und Vermissten kopiert. Noch Jahre später könnten inzwischen rehabilitierte Täter mit Fahndungsfotos von damals unter Druck gesetzt werden.

Wie groß das Risiko des Missbrauchs ist, wird allein durch die Nutzerzahlen deutlich: 20 Millionen Deutsche sind auf Facebook unterwegs. Schon jetzt gibt es einen speziellen Markt für kopierte Fotos — Facebook wird etwa gezielt nach Aufnahmen von jungen Frauen durchsucht. So ist es denkbar, dass sich das vermisste Mädchen von einst später in einem ganz anderen Zusammenhang im Netz wiederfindet.

Der Polizei sind diese Gefahren schlichtweg nicht bewusst. Dabei sollte sie wissen: Wer Verbrechen im Netz bekämpft, sollte sich erst einmal informieren, welche Formen von Kriminalität dort lauern.

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