Merkels heißer Sommer

Das Murren in der CDU gegen die Parteichefin wird lauter.

Die CDU ist in keinem guten Zustand. In den vergangenen Monaten war jede Wahl eine Enttäuschung, mit Baden-Württemberg ging das Kernland der Partei verloren, in Bremen fiel die Union sogar hinter die Grünen auf Platz 3 zurück. Dabei ist es nicht eine plötzlich erstarkte SPD, die ihr Stimmen abjagt. Auch die starken Grünen oder die schwache FDP sind nicht das Problem. Es ist die merkwürdige Lähmung, die die Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel befallen hat, seitdem sie mit den Liberalen regiert. Aus der glänzenden Moderatorin der Großen Koalition ist eine atemlose Alltagspolitikerin geworden, deren Substanz Parteifreunde nicht mehr erkennen können.

Merkel eine Pragmatikerin zu nennen, ist eine Untertreibung. Sie hat stets nach dem Nützlichkeitsprinzip agiert. Dabei spielten dann alte Loyalitäten keine Rolle, von Helmut Kohl über Wolfgang Schäuble und Friedrich Merz bis hin zu Roland Koch reicht die Reihe der Betroffenen. Doch gab ihr der Erfolg recht. Sie hat die CDU nach der Spendenaffäre wieder auf die Siegesstraße geführt, sie hat danach die Sozialdemokraten zerrieben, sie hat Schwarz-Gelb geschaffen. Und seither? Setzt sie im Hauruck-Verfahren den Atomausstieg durch, peitscht ungeheure Hilfspakete für Griechenland durch den Bundestag, verabschiedet sich von der Hauptschule. Als wäre vorher nichts gewesen.

Vorher ist aber sehr viel gewesen. Nämlich eine CDU, die sich als die Gründerpartei der Bundesrepublik betrachtet, die sich als Scharnier zwischen wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Gerechtigkeit verstand, die immer für ein gegliedertes Bildungssystem unter Leistungskriterien gekämpft hat.

Die Basis, und das sind zum Beispiel die Ortsvereine am Niederrhein oder im Sauerland, in Schwaben oder im Oldenburger Land, kann mit den Vorgaben aus Berlin wenig anfangen. Sie werden auch nicht mehr gefragt. Diesem Frust verleihen Leute wie Teufel, Diepgen oder Merz eine Stimme. Nun mögen Merkel und ihr Umfeld denken, dass dies Figuren von gestern sind. Rein machtpolitisch stimmt das ja auch. Doch das ist nicht alles. Ohne ihre Partei wird Merkel keine Wahlen gewinnen können. Der Verdruss ist groß. Es wird ein heißer Sommer für die CDU-Chefin.