Online-Portal Lebensmittelklarheit: Chance statt Bedrohung
Internetportal zu Lebensmittel-Verpackungen ist kein Pranger
Beim Thema Lebensmittel gibt es große Probleme und kleinere. Das große ist die Hungerkatastrophe im Osten Afrikas. Dagegen nimmt sich das, was Verbraucherschützer hierzulande beklagen, als Petitesse aus.
In dem Bereich, den sich die Verbraucherzentralen jetzt mit ihrem neuen Internetportal vorknöpfen, geht es nicht einmal um die Lebensmittelsicherheit — die ist zu Recht Sache der Behörden. Deren Überwachung darf man nicht der Initiative und dem Engagement von Verbrauchern überlassen. Nein, es geht „nur“ um Etikettenschwindel. Aber auch der ist zumindest ärgerlich.
Ebenso ärgerlich aber ist, dass angesichts der dem Verbraucher an die Hand gegebenen Möglichkeit, Täuschungen auf Lebensmittelverpackungen zu melden, schon von einem modernen Pranger gesprochen wird. Mehr als das: Von der Gefahr einer Existenzvernichtung. Dabei will das neue Internetportal doch nur dies: Transparenz schaffen. Welch dubioses Geschäftsmodell soll das sein, das den Verbraucher an der Nase herumführt und dessen Aufdeckung eben dieses Geschäftsmodell in seiner Existenz bedrohen soll?
Es geht hier nicht um einen Internetpranger, in den jeder alles ungeprüft hineinschreiben kann. Verbraucherschutz-Experten filtern die Beschwerden. Weder dringt offensichtlicher Unsinn auf der Plattform durch — etwa die Beschwerde, dass eine Packung mit Studentenfutter keine Studenten enthalte. Auch wettbewerbswidrige Kampagnen dürften auffliegen. Jeder betroffene Hersteller hat Gelegenheit zu antworten und zu reagieren.
Haben die, die da vorsorglich schimpfen, etwa nicht verstanden, dass eine solche Plattform den Herstellern eine große Chance bietet: im Dialog auf ihre Kundschaft, von der sie doch leben, einzugehen? Es ist ein Recht dieser Kundschaft zu erfahren, was in den immer neu auf den Markt geworfenen Verpackungen drin ist. Durchaus auch, woher die Zutaten stammen. Und ob sie unter ökologischen Bedingungen erzeugt wurden.
Die unmissverständliche Kennzeichnung ist nicht nur dafür wichtig, was der Kunde geschmacklich zu erwarten hat. Bei Allergikern geht es auch um die Gesundheit. Das neue Portal wird es schwieriger machen, Geschäftsmodelle auf Intransparenz aufzubauen. Das ist gut so.