Die Landtagswahlen am 13. März Keine klaren Mehrheiten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in Sicht

Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stehen eindeutig im Zeichen persönlicher Duelle — aber die Gewinner stehen vor schwierigen Koalitions-Bildungen.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (l.) und sein CDU-Herausforderer Guido Wolf - nach den Wahlen Partner einer Koalition?

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Stuttgart/Mainz. Wenn man Guido Wolf auf die Palme bringen will, muss man nur seine Ausführungen zur Flüchtlingspolitik zusammenfassen: Wer in Baden-Württemberg also für den Kurs der Kanzlerin ist, muss statt des CDU-Spitzenmannes Wolf einfach nur den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wählen, oder? Und zack, hängt der Kandidat mental unter der Decke und stößt in breitem Schwäbisch schwer verständliche Flüche gegen den beliebten Landesvater aus — gegen den er am kommenden Sonntag aller Voraussicht nach verlieren wird.

Wolf sitzt in einem Saal des feinen Hotels am Schlossgarten, von wo er direkt auf die Bahnhofsbaustelle von „Stuttgart 21“ blicken kann, dieses verfluchte Loch, das symbolisch für den Untergang der alten CDU-geordneten Welt im Südwesten steht. „Die CDU ärgert sich, dass Kretschmann nicht ihr Spitzenkandidat ist“, stichelt der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger. Er hat sich von seinem Heimat-Landesverband in die Pflicht nehmen lassen, und auch er arbeitet sich an Kretschmann ab, „dem neuen Seehofer der Grünen“.

Obwohl er in die Intrigen und Skandale der Mappus-CDU nicht verstrickt war, verkörpert der frühere Landrat und Landtagspräsident Guido Wolf wie kaum ein zweiter eine nicht mehr vermittelbare Traditions-Christdemokratie, die selbst CDU-geneigten Wählern bisweilen peinlich ist. Wo Kretschmann bodenständig und geerdet erscheint, kommt Wolf bisweilen provinziell und dorftrottelig rüber. Nur 56 Prozent der Partei haben Ende 2014 für seine Kandidatur gestimmt. Als er der Kanzlerin beim CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe einen riesigen Stofftier-Wolf schenkte, wären etliche Parteifreunde am liebsten vor Fremdscham im Boden versunken.

Der fröhlichste Verlierer der Wahl in Baden-Württemberg ist „der kleine Nils“, der seit zwei Jahren vergeblich dafür rackert, dass die Leute endlich aufhören, ihn nach einer Radio-Comedy-Figur „der kleine Nils“ zu nennen. Tun sie aber nicht, und wenn Nils Schmid (SPD), Finanzminister und Junior-Partner an Kretschmanns Seite, seine Politik erklärt, weiß man auch, warum.

Flüchtlingspolitik? „Das ist ja eigentlich keine Landespolitik“, sagt der kleine Nils. Wie kann er neben dem übergroßen Ministerpräsidenten Profil gewinnen? „Die Grünen setzen sich zu wenig für gute Arbeitsbedingungen ein, das ist denen habituell völlig fremd“, sagt der kleine Nils. Habituwas? Egal. „Es war ein gutes, reibungsloses Regieren“, sagt der kleine Nils, der am Sonntag mit der SPD unterhalb von 15 Prozent landen könnte.

Der kleine Nils könnte damit zum großen Problem für Kretschmann werden; aus der grün-roten könnte nach dem kommenden Sonntag eine grün-schwarze Koalition werden. Das ist für Wolf längst denkbar und in Wahrheit die realistischste Perspektive. „Wir werden am 13. März keinen Schönheitspreis bekommen“, knurrt Wolf. Draußen weht ein eisiger Wind über die Bahnhofsbaustelle. Für Kretschmann ist es Rückenwind, für Wolf kommt er von vorn.

In Rheinland-Pfalz dagegen bläst der Wind sowohl SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer als auch CDU-Herausforderin Julia Klöckner in Form von höchst unsicheren Umfragen ins Gesicht. Das ZDF-„Politbarometer“ sah die SPD am Freitag bei 34 Prozent, die CDU bei 35 Prozent. Eine ARD-Umfrage kam ebenfalls auf 34 Prozent für Dreyer, aber 36 Prozent für Klöckner. Das reicht weder für CDU/FDP noch für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition.

Eveline Lemke, Wirtschaftsministerin und Vize-Ministerpräsidentin, wird als Spitzenkandidatin der Grünen ihr wichtigstes Wahlziel zum Machterhalt wohl verfehlen: „Wir müssen die kleinen Parteien aus dem Landtag heraushalten.“ Damit meint sie ausdrücklich nicht nur AfD und Linke, sondern auch die FDP.

Dass das klappt, ist unwahrscheinlich, obwohl die gebürtige Hamburgerin und Nichte des langjährigen Werder-Bremen-Managers Willi Lemke als Wirtschaftsministerin keine schlechte Figur macht. Dass der Nürburgring, eine krachende Pleite der Regierung von Kurt Beck (SPD), sich inzwischen in russischer Hand befindet, wird Lemke wie auch Ministerpräsidentin Dreyer erstaunlicherweise ebenso wenig angelastet wie das Millionen-Grab „Flughafen Frankfurt-Hahn“, für den die Landesregierung bislang keinen Käufer findet.

Das ärgert CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner, doch hat sie es durch die Verschiebung ihrer Wahlkampf-Schwerpunkte auf die Flüchtlingspolitik selbst mitverursacht. „Sagenhaft, wie Klöckner in den Medien vorkommt“, sagt Lemke, und setzt kühl kalkulierend nach: „Aber in den Umfragen sieht man es nicht.“ Die Grünen in Rheinland-Pfalz seien mit denen in Baden-Württemberg nicht vergleichbar, aber Lemke will die schwarz-grüne Tür auf keinen Fall zuschlagen: „Man soll nicht zumachen, was einem hinterher gute demokratische Möglichkeiten eröffnet.“

Malu Dreyer sieht sich gut für das Duell mit Klöckner gewappnet. „Ich bin eine Ministerpräsidentin, die viel Wert auf Gemeinsamkeit und Zusammenhalt legt. Das ist von der Anmutung und den Persönlichkeiten her doch ein Unterschied“, sagt sie über die Rivalin. Natürlich sei sie anders „als das männliche Muttertier Kurt Beck“, so Dreyer. Was sie nicht sagt, aber in der vergangenen Woche beim TV-Duell mit Klöckner im Südwestfunk deutlich wurde: Sie ist mehr wie Wilfried Kretschmann.

Dreyer lobt die Kanzlerin, die Haltung bewahre, „das war ja nicht unbedingt abzusehen“. Und verteidigt ihre Weigerung, eine TV-Diskussion mit der AfD zu führen: „Das ist eine Frage der Haltung. Und ich kann nur Ministerpräsidentin sein, wenn ich meine Haltung lebe.“ Sie sei zäh, sagt Dreyer über sich, und: „Ich habe viel Kraft.“ Das dürfte für Julia Klöckner auch gelten, nur würde sie es wohl anders formulieren. Die beiden Kontrahentinnen eint, dass beide noch nie eine Wahl gewonnen haben. Zumindest das, soviel steht fest, wird sich am kommenden Sonntag ändern.