Analyse: Angela Merkel sichert sich Einfluss in der EU

Die Deutschen haben Zugriff auf einen der wichtigsten Beamten-Posten in Brüssel.

Brüssel. Die beiden Top-Jobs bekommen die Belgier und die Briten, aber Deutschland ist beim EU-Gipfel nicht ganz leer ausgegangen. Abgesehen davon, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel maßgeblich an der Kür Herman Van Rompuys (EU-Ratspräsident) und Catherine Ashtons (EU-Außenministerin) mitwirkte, haben die Deutschen nun mittelfristig Zugriff auf einen der wichtigsten Beamten-Posten im Brüsseler Apparat: Merkels europapolitischer Chef-Assistent, Uwe Corsepius, soll Generalsekretär des Ministerrats werden.

Anderthalb Jahre muss er sich noch gedulden. Solange soll der Franzose Pierre de Boissieu, einer der gewieftesten EU-Strippenzieher und derzeit Verwaltungsleiter beim Ashton-Vorgänger Javier Solana, den Posten noch bekleiden. Dann, so die Absprache der 27 Staats- und Regierungschefs, kommen die Deutschen zum Zug. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Merkel für denselben Zeitpunkt ein weiteres französisches Erbteil im Auge hat: 2011 tritt Jean-Claude Trichet als Präsident der Europäischen Zentralbank ab, Bundesbankchef Axel Weber will Nachfolger werden.

Vorerst freilich richtet sich das Interesse auf das letzte Brüsseler Personal-Kapitel: die Vergabe der Schlüsselressorts der künftigen EU-Kommission. Als da wären: Binnenmarkt, Industrie, Energie, Klima, Wettbewerb. Der exakte Zuschnitt steht noch nicht fest. Wichtig ist dreierlei: Hat der Ressortchef die Zuständigkeit für die EU-Gesetzgebung? Wo darf er sich einmischen? Gibt es eine eigene Entscheidungsbefugnis?

Ein in diesem Sinne ansehnliches Portfolio wird der designierte deutsche Kommissar Günther Oettinger bekommen. Das könnte wie bei seinem Vorgänger Günter Verheugen die Abteilung Industrie sein, gegebenenfalls um Zuständigkeiten erweitert.

Was den Frauenanteil bei den Spitzenposten anbelangt, gibt es Aussicht, die Peinlichkeitsschwelle (acht von 27) doch noch zu überwinden. Catherine Ashton, die auch Barroso-Vize wird, hebt die Quote ebenso wie die Nominierungen Irlands (Maire Geoghegan-Quinn) und Schwedens (Cecilia Malmström). Aus Dänemark kommt wohl Umweltministerin Connie Hedegard, und die Niederländerin Neelie Kroes, bisher Wettbewerbskommissarin, hat Chancen auf eine zweite Amtszeit. Alle künftigen Kommissare müssen sich im Januar einer Anhörung und Abstimmung im EU-Parlament stellen.