Bahn-Privatisierung: NRW stellt sich quer

Das Land fürchtet Nachteile und fordert Änderungen am Gesetzentwurf des Bundes.

Berlin/Düsseldorf. Für Bahnchef Hartmut Mehdorn wird der heutige Tag sicherlich ein schöner Tag werden: Nach jahrelanger Diskussion will das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Privatisierung des Unternehmens beschließen. Doch damit wird die Debatte noch lange nicht beendet sein. Denn einige Bundesländer haben große Bedenken angemeldet, darunter Nordrhein-Westfalen und Hessen. Sie befürchten Nachteile insbesondere für den Nah- und Regionalverkehr, wenn ein Teil der Bahn an private Investoren verkauft wird.

Grund ist das Privatisierungsmodell des Bundes: Danach bleibt dieser zwar Eigentümer der Bahn-Infrastruktur, darüber soll aber de facto das Unternehmen verfügen. Eine lange diskutierte strikte Trennung von Netz und Betrieb soll es nicht geben.

Damit werde es erheblich schwieriger für den Staat, bei Entscheidungen über Investitionen in das Netz und seinen Erhalt Einfluss zu nehmen, sagt NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) unserer Zeitung. Und das, obwohl der Bund weiter rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr an die Bahn zahlt.

Der Politiker fürchtet, dass auf einem klassischen Gebiet der Daseinsvorsorge allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden wird. Konkret: Die Bahn kann sich auf den lukrativen Fernverkehr konzentrieren und das Angebot im Regional- und Nahverkehr ausdünnen.

Für NRW ist das Gesetz daher nicht zustimmungsfähig. Auf einer Sonderkonferenz der Verkehrsminister am 2. August will Wittke auf Änderungen drängen.

Verbraucherverbände kritisieren ferner, dass es mit dem Entwurf nicht - wie gewünscht - mehr Wettbewerb auf der Schiene geben wird. Sie begrüßen den Widerstand, der sich derzeit auf Länderebene formiert. Der Fahrgastverband Pro Bahn und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnen vor einem verschlechterten Angebot vor allem im ländlichen Bereich, der Stilllegung von unrentablen Strecken und höheren Preisen, wenn der Gesetzentwurf der Bundesregierung Realität wird.

Unternehmen Die Deutsche Bahn ist nach Unternehmensangaben das größte Eisenbahn-Verkehrsunternehmen in Europa und das zweitgrößte Unternehmen der Transport- und Logistikbranche weltweit.

Standorte Die Bahn verfügt über 1500 Niederlassungen in 150 Ländern.

Umsatz Mit 229 000 Mitarbeitern wurde im Jahr 2006 ein Umsatz von etwa 30 Milliarden Euro gemacht.

Reisende Im vergangenen Jahr beförderte die Bahn rund 1,8 Millionen Fahrgäste. Pro Tag fuhren rund 27 600 Nah- und Fernverkehrszüge.

Schienennetz Das Schienennetz ist insgesamt rund 34 000 Kilometer lang.

Bahnhöfe Bundesweit gibt es rund 5700 Bahnhöfe.