Bahr: „Die Lage der FDP ist ernst“
Parteien: Der neue Landeschef Daniel Bahr zeichnet ein düsteres Bild der Lage. Sein Vorgänger Andreas Pinkwart wird gefeiert.
Dortmund. Am Anfang war ganz viel Abschied, der Neuanfang zum Schluss fiel eher kühl und kurz aus: "Die Lage der FDP ist ernst, aber nicht hoffnungslos", las Daniel Bahr im geschäftsmäßigen Ton vom Papier ab, nannte noch einmal kurz seinen Namen "Daniel Bahr, Delegierter aus Münster" und ließ sich dann von den Delegierten zum neuen Landeschef wählen. Eine rechte Aufbruchstimmung mochte in der Dortmunder Westfalenhalle nicht aufkommen.
Bahr betonte in seiner Rede mehrfach, wie schwierig die Lage der Partei sei. "Aber es ist einfach, in guten Zeiten Verantwortung zu übernehmen. Ich nehme die Herausforderung in schwierigen Zeiten an." Intensiv befasste er sich mit der Landespolitik, geißelte die Finanzpolitik der rot-grünen Minderheitsregierung als "hemmungslose Schuldenmacherei" und griff auch in der Schulpolitik an. "Die Gemeinschaftsschule ist die Einführung der Einheitsschule aus ideologischen Gründen", sagte er. Wenn Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf dem Parteitag der Berliner SPD erkläre, NRW nehme sich die Berliner Schulpolitik zum Vorbild, sei das ein Offenbarungseid, denn Berlin sei Schlusslicht im bundesweite Bildungsvergleich.
Gerade im Bildungsbereich setzte sich Bahr am deutlichsten von der CDU ab, wies deren Schulpolitik wie schon im Interview mit dieser Zeitung eine Mitschuld an der Wahlniederlage im Mai zu und versprach eine größere Eigenständigkeit. Und er warnte auch die CDU: "Wer von Schwarz-Grün träumt, wacht mit Rot-Rot-Grün auf."
83,3 Prozent Zustimmung, ein Paar Laufschuhe und Boxhandschuhe waren der Lohn für die Rede, die sicherlich nicht zu den Höhepunkten in Bahrs Karriere zählte.
Die Herzen der Basis hatte sein Vorgänger erreicht: Andreas Pinkwart wurde von den Delegierten zum Abschied frenetisch gefeiert. Der Professor, der als Rektor an eine kleine Hochschule nach Leipzig wechselt, bekam dickes Lob von vielen Spitzenliberalen, so viel, dass Guido Westerwelle eingreifen musste: "Wir wollen ja nicht, dass es wie ein Nachruf klingt." Schließlich seien er und Pinkwart ja nahezu gleichaltrig und könnten als 50-Jährige noch viel leisten.
Pinkwart zog eine selbstbewusste Bilanz seiner acht Jahre als Landeschef. Als er die Partei 2002 übernahm, lag sie in Trümmern, war nahezu pleite und hatte beim Wähler nach der Möllemann-Affäre keinen Kredit. Heute sei sie auch in den Kommunalparlamenten wieder sehr gut vertreten und habe Perspektive. Und einen Rat hatte er auch: "Es war vor der Landtagswahl ein Fehler, jede andere Koalition als die mit der CDU auszuschließen. Das darf sich nicht mehr wiederholen." Da schauten Westerwelle und vor allem der Chef der FDP-Landtagsfraktion Gerhard Papke, beide Betreiber dieser Wahlaussage, ein wenig indigniert.