Body-Cams: Experten lehnen Kameras für Polizisten ab
„Body-Cams“ sollen gewaltsame Angriffe auf Einsatzkräfte verhindern. In NRW wird über einen Testlauf diskutiert.
Düsseldorf. Gewalttätige Angriffe gehören für Polizisten zum Berufsalltag. 80 Prozent der Beamten in Nordrhein-Westfalen sind laut einer Studie des Innenministeriums schon einmal Opfer von Gewalt im Dienst geworden. Gestern ging es im Landtag nun erneut um die Frage, ob mitgeführte Kameras, so genannte „Body-Cams“, dazu beitragen können, Polizisten vor Angriffen zu schützen oder eine spätere Aufklärung zu verbessern. Die CDU fordert die Schulter-Kameras bereits seit längerem. Innenminister Jäger (SPD) lehnte sie bislang ab. Gestern diskutierten ausnahmsweise nicht die Parteien hitzig, sondern zahlreiche eingeladene Experten — die zu höchst unterschiedlichen Schlüssen über Sinn und Unsinn der Kameras kamen.
Zu den Befürwortern gehörte Frank Schuckmann vom hessischen Innenministerium. Hintergrund: In Frankfurt werden die „Body-cams“ bereits in einem Modellversuch getestet. Schuckmanns Fazit: „Seit die Kameras eingesetzt werden, ist die Zahl der Angriffe zurückgegangen.“
2013 etwa kam es im Frankfurter Kneipen- und Partyviertel Alt-Sachsenhausen 20 Mal zu Angriffen auf Polizisten. Im Jahr zuvor waren es ohne Kameras noch 27 Übergriffe. 24 Videosequenzen der „Body-Cams“ wurden als Beweismittel vor Gericht eingereicht. Arnold Plickert, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW, forderte daraufhin vehement einen landeseigenen Modellversuch. Sein Argument: „Das Abschreckungspotenzial ist gnadenlos hoch.“
Völlig anders sah dies Nils Zurawski vom Institut für Kriminologische Sozialforschung in Hamburg, der als Experte auf diesem Gebiet gilt. Seiner Ansicht nach beweist der Frankfurter Versuch keineswegs, dass „Body-Cams“ die erwünschten Erfolge bringen, da in dem Zeitraum auch mehr Polizisten eingesetzt wurden. Außerdem wendete er ein: „Affekttaten Betrunkener sind eher nicht präventiv zu verhindern. Das haben Studien belegt.“
Clemens Arzt, Direktor des Forschungsinstituts für öffentliche und private Sicherheit in Berlin, sieht weitere Ausschlusskriterien: „Mir scheint, dass es hier mehr um die Beweissicherung als die Prävention von Übergriffen geht. Das aber fällt unter die Verfolgungsvorsorge und die ist Bundessache.“
Ulrich Lepper, Landesbeauftragter für Datenschutz, verwies zudem darauf, dass ein Modellversuch derzeit in NRW rechtlich nicht möglich wäre. Erst müsste das Polizeigesetz geändert werden. Lepper hat jedoch noch andere Bedenken: „Die Kameras erhöhen für die Bürger die Distanz zur Polizei.“ Er stehe einem solchen Versuch „sehr kritisch“ gegenüber.