Corona-Handy-App kommt im Mai Task Force gegen Corona? Gesundheitsämter in NRW sollen Infektionsketten nachverfolgen
Düsseldorf · Die Behörden in NRW sollen mit mehr Personal die Infektionsketten nachverfolgen – noch ist vieles unklar. Doch ist das eine realistische Perspektive? Michael Bergmann, für Gesundheitsfragen zuständiger Sprecher der Stadt Düsseldorf, ist da skeptisch.
Die Gesundheitsämter sollen massiv mit Personal verstärkt werden, um in Sachen Corona Detektivarbeit zu leisten. Die Idee des Beschlusses, den die Ministerpräsidenten am Mittwoch getroffen hatten: Bei möglichst jedem Infizierten nachzuforschen, mit wem er Kontakt hatte, um Verdachtsfällen nachzugehen und die dabei gefundenen Kontaktpersonen in Quarantäne zu schicken. In den öffentlichen Gesundheitsdiensten sollen dafür zusätzliche Personalkapazitäten geschaffen werden – mindestens ein Team von fünf Personen pro 20 000 Einwohner. Die Gesundheitsämter sollen in die Lage versetzt werden, möglichst viele Kontaktpersonen von Erkrankten zu identifizieren.
Doch ist das eine realistische Perspektive? Michael Bergmann, für Gesundheitsfragen zuständiger Sprecher der Stadt Düsseldorf, ist da skeptisch. Noch ist gar nicht klar, wie es zu dieser Personalaufstockung kommen soll. Schließlich sind die Gesundheitsämter städtische Behörden, denen der Bund nicht einfach so Personal schicken kann.
Bergmann verweist darauf, dass die Ämter zu Beginn der Pandemie durchaus eine Nachverfolgung der Infektionsketten leisten konnten. Als etwa im Kreis Heinsberg bei der Karnevalsfeier oder auch bei den Rückkehrern aus dem Skiort Ischgl die Zahl der Infizierten noch überschaubar war. Da konnten die Mitarbeiter der Gesundheitsämter noch einigermaßen erfolgreich die möglichen Kontaktpersonen abtelefonieren. Anfang März habe die Aufklärungsquote bei fast 100 Prozent gelegen, da die Infektionen entweder importiert wurden oder sich auf einige wenige, lokale Cluster zurückverfolgen ließen. Seitdem CoViD-19 lokal und häufig asymptomatisch (ohne erkennbare Symptome) übertragen wird, ist der Anteil der sicher aufgeklärten Infektionsketten deutlich gesunken.
Bergmann: „Auch wenn die Zahl der Infizierten weiter zurückgeht, ist es doch immer noch so, dass jeder Einzelne zahlreiche Kontakte haben kann, an die er sich gar nicht erinnert. Mit Menschen, die er gar nicht kennt, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Supermarkt.“ Da komme auch das Nachrecherchieren an Grenzen. „Der Anteil der Infektionsketten, die wir durch konsequente Kontaktpersonennachverfolgung sicher aufklären können, ist derzeit relativ gering. Es bleibt abzuwarten, welche Regelungen der Bund und das Land treffen. Dann werden wir sehen, wie wir damit umgehen“, sagt Bergmann.
Jede Lockerung der Maßnahmen werde in einem Anstieg der Fallzahlen resultieren, wenn die Hygienemaßnahmen nicht eingehalten werden. Eine große Herausforderung sei der öffentliche Personennahverkehr, da hier viele Menschen auf engem Raum zusammen sind. Das Tragen von Mund-Nasen-Schutz und eine gute Händedesinfektion seien da wichtige Maßnahmen, um die Zahl der Fälle in den nächsten Monaten überschaubar zu halten.
Corona-Handy-App kommt im Mai: Hoffnung und Bedenken
Die viel diskutierte Handy-App könnte das Nachverfolgen von Infektionsketten erleichtern. Diese wird laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Deutschland erst im Mai zur Verfügung stehen. Dabei soll Bluetooth-Funktechnik verwendet werden. Die App kann die Betroffenen schnell informieren, wenn sie Kontakt zu Infizierten hatten. Die Nutzung soll freiwillig sein. Spahn betonte, mit der App könne man viel genauer erfassen, wen man die vergangenen 14 Tage getroffen habe, als sich lediglich an die Kontakte zu erinnern. Sie helfe auch bei der Benachrichtigung der Betroffenen.
Obwohl dieses „Contact Tracing“ in Form einer weitgehend anonymisierten Verfolgung möglicher Kontakte zu Infizierten auf freiwilliger Basis erfolgen soll, ist das Konzept unter Datenschutzaspekten umstritten. Die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel warnt: „Wenn etwa das Recht, das Haus zu verlassen, oder die U-Bahn zu nutzen, an die Nutzung einer App gekoppelt wird, dann können wir nicht mehr von Freiwilligkeit sprechen.“ Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) hat noch andere Bedenken: „Die Apps werden wahrscheinlich Zehn- oder Hunderttausende von Personen benachrichtigen, die zur Arbeit oder zum Einkaufen unterwegs waren. Es ist absehbar unmöglich für diese, sich testen zu lassen. Die Wirkung kann kaum mehr sein als weit verbreitete Besorgnis oder sogar Panik.“