Der Überraschungs-Minister
Mit Lutz Lienenkämper holt Ministerpräsident Rüttgers einen jungen Senkrechtstarter in die Landesregierung.
Düsseldorf/Meerbusch. Lutz Lienenkämper legte bereits vor Amtsantritt eine Beichte ab: Er habe vor rund zehn Jahren wegen eines Rotlichtverstoßes an einer Kreuzung in Neuss seinen Führerschein für vier Wochen abgeben müssen, bekannte der Meerbuscher am Montag bei seiner Vorstellung in der Staatskanzlei. Heute aber, so fügte er lächelnd hinzu, besitze er die Fahrerlaubnis.
Damit erfüllt der CDU-Landtagsabgeordnete eine wichtige Voraussetzung, um Nachfolger von Verkehrssünder Oliver Wittke im Amt des Verkehrsministers zu werden. Eine Außenseiterwette auf ihn hätte dennoch viel Geld eingebracht. Denn mit dem 39-Jährigen holt Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) einen Mann an seinen Kabinettstisch, den zuvor wirklich niemand auf dem Plan hatte.
Eine große Regierungsumbildung mit einer Auswechslung der Sorgenkinder Barbara Sommer (Bildung) und Roswitha Müller-Piepenkötter (Justiz) war zwar unwahrscheinlich. Damit hätte Rüttgers indirekt Schwächen in seinem Kabinett zugegeben - anderthalb Jahre vor der nächsten Wahl ein Freudenfest für jede Opposition.
Als heißester Kandidat für das Amt des Verkehrsministers war allerdings Andreas Krautscheid gehandelt worden, Europaminister und enger Vertrauter des Regierungschefs. Auch Namen diverser Politiker aus dem Ruhrgebiet kursierten.
Doch Rüttgers setzte auf die kleine Lösung und verzichtete darauf, nach Oliver Wittke erneut einen Christdemokraten aus dem Revier zum Minister zu ernennen. "Erbhöfe gibt es in NRW nicht", kommentierte der Chef der NRW-CDU am Montag seine Entscheidung.
Dass Rüttgers keinen Externen zum Minister machte, sondern einem Landtagsabgeordneten eine Chance gibt, gilt als Signal in die Partei hinein. Denn an der Basis gärt es angesichts jüngster Pannen wie dem Wittke-Rücktritt und der gerichtlichen Niederlage beim Kommunalwahltermin ohnehin schon. Und er holte einen jungen Politiker ohne Regierungserfahrung ins Kabinett.
Damit greift er allerdings nicht das erste Mal auf die CDU-Nachwuchsriege zurück: So machte er 2006 den damals gerade erst 30Jahre alten Landtagsabgeordneten Hendrik Wüst zum Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU und setzte ihn damit an eine der Schlüsselstellen der Landespartei.
Nun befördert Rüttgers also erneut einen Senkrechtstarter: Der Jurist Lienenkämper gehört seit der Wahl 2005 dem Landtag an. Dort machte er sich mit Fachkompetenz schnell einen Namen und wurde bereits 2006 wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion. Der Rechtsanwalt gilt als fleißig und gut vernetzt in der Partei. Lienenkämper habe "ein Ohr für die Kommunalen", hieß es am Montag aus Fraktionskreisen.
Interessant dürfte sein, welche Entscheidungen Lienenkämper als Verkehrsminister zur weiteren Entwicklung des Düsseldorfer Flughafens treffen wird. Immerhin hatte der Meerbuscher 2005 im Landtag mit den Grünen und gegen seine eigene Fraktion gegen die neue Betriebsgenehmigung für den Airport gestimmt.
Am Montag wollte er sich noch nicht zu inhaltlichen Themen äußern, betonte aber, dass NRW als Industrieland auch starke Flughäfen brauche. Ein anderes lokales Thema wird Lienenkämper in sein neues Amt begleiten. Wittke hatte verkündet, die A44-Flughafenbrücke in Joachim-Erwin-Brücke umzubenennen. Das ist bisher nicht geschehen, und es wäre wohl im Sinne vieler empörter Meerbuscher, wenn Lienenkämper darauf verzichtete.