Die Laster der Brummi-Fahrer
Ungesicherte Ladungen, Alkohol im Blut, Raserei: Was die Polizei gestern auf der A3 beanstandete.
Düsseldorf. Neben seinem Sattelschlepper wirkt der Mann irgendwie winzig und in seinem Schlamassel ziemlich ratlos. "Noch mal drei Punkte in Flensburg, und ich kann so langsam aufhören", sagt Ewald Dederichs, schüttelt den Kopf und streicht sich über den Vollbart.
1600 Liter Diesel hat er geladen, ein paar schwere Baumaschinen, und hinten auf dem Anhänger steht einen Bagger. Eigentlich sollte das ganze Zeugs aus Ratingen längst in Köln Gremberg sein. Aber nun steht er am Rande der A3 auf dem Parkplatz Reusrath, und das Schlimme ist: Es wimmelt vor Polizisten.
50 Beamte vom Zoll, vom Bundesamt für Güterkraftverkehr, der Bezirksregierung Düsseldorf und der Autobahnpolizei kontrollieren an diesem Morgen den Schwerlastverkehr - Konsequenz aus der Zunahme tödlicher Unfälle mit Lastwagen.
Frank Weber von der Autobahnpolizei Hilden stellt für Dederichs eine lange Sünderliste zusammen: Aus dem Leck in einem Tank tropft Diesel. "Der muss erst einmal leergepumpt werden", sagt Weber. "Und dann ist das Fahrzeug nicht als Gefahrguttransporter gekennzeichnet, was bei einer Ladung von 1600 Litern Diesel aber notwendig wäre."
Außerdem hat Dederichs ein Nachtfahrgebot in seinen Unterlagen stehen. Er dürfte also morgens um 11 Uhr gar nicht auf Achse sein und muss jetzt bis zum Abend eine Zwangspause einlegen. Für Weber ist klar: "Da kommt ein Bußgeld von 1000 bis 1500 Euro auf den Fahrer zu, und der Spediteur muss mit der gleichen Summe rechnen."
Aber das Bußgeld scheint Dederichs weniger zu interessieren: Der Fahrer ist verzweifelt, weil er einer ist, der gewissenhaft arbeitet, der Termine einhält. "Wenn die auf der Baustelle bis 22 Uhr warten müssen", sagt er, "platzt doch die ganze Schicht."
Ewald Dederichs hat nur den Trost, dass es dutzende Leidensgenossen gibt. Ein Kollege bekommt Ärger, weil er über 0,7 Promille Restalkohol im Blut hat. Ein anderer hat seinen Lkw hoffnungslos überladen, andere haben überhöhte Geschwindigkeiten auf ihren Fahrtenschreibern.
Wieder andere haben den Sicherheitsabstand nicht eingehalten, was eineBrücken-Kamera erbarmungslos festgehalten hat. Und dann immer wieder: die Ladung. Heinrich Steurs von der Autobahnpolizei Düsseldorf steht kopfschüttelnd vor einem Lkw, der Türen transportiert. Die Plane ist hochgeklappt, der Fahrer steht wie ein armer Sünder neben Steurs und nickt ergeben zu allem, was der Beamte sagt.
Auch dieser Fahrer darf nicht weiterfahren. "Die Paletten haben sich bei der Fahrt schon bewegt", sagt Steurs. "Sie müssen Ihren Chef anrufen, damit der Gurte vorbeibringt." Steurs weiß, dass die Zwangspause für den Spediteur schmerzhafter ist als das Bußgeld.
"So ein Stillstand ist ein echter wirtschaftlicher Schaden." Für ihn sind ungesicherte Güter kein Kavaliersdelikt. Abgesehen von den Utensilien, die Brummis verlieren und die dann wie Geschosse über die Fahrbahn fliegen: "Es sind ja erst die tonnenschweren Ladungen, die Unfälle mit Lkw oft zur Katastrophe werden lassen."
Nach vier Stunden ist die Aktion zu Ende, ein paar Lkw-Fahrer sitzen mit düsteren Minen hinter der Windschutzscheibe und tippen auf ihre Handys ein. Zufriedener sind die Gesichter der Polizeibeamten: 110 Lastwagenfahrer haben sie angehalten, 67 von ihnen müssen Bußgelder zahlen. Keine schlechte Quote.