Die neuen Ziele der alten Hooligans

Hinter den Krawallen in Köln steckt laut Experten ein schwelender Machtkampf.

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Düsseldorf. Bis vor wenigen Tagen kannten nur Szene-Kenner die Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“. Seit Sonntag ist die Gruppe bundesweit bekannt. Ihrem Aufruf zu einer Demonstration gegen Salafismus in Deutschland folgten 4500 Anhänger in die Kölner Innenstadt — gewaltbereite Fußballfans genauso wie polizeibekannte Neonazis. Ein Erstarken der rechten Hooliganszene? Experten sagen, dass sich diese Entwicklung längst abzeichnete. Ein Überblick:

Nach Erkenntnissen des Innenministeriums handelt es sich um einen losen Zusammenschluss mehrerer Hooligan-Gruppen, darunter Anhänger verschiedener Ruhrgebietsclubs. Zu ihnen haben sich laut NRW-Verfassungsschutz mehrere hundert Neonazis und Rechtsradikale gesellt. Laut dem Hannoveraner Fan-Forscher Gunter A. Pilz gibt es enge Verbindungen zu den GnuHonnters, einer bekennend rechtsextremen Hooligan-Vereinigung, die sich bereits 2012 auf einem Leichlinger Bauernhof formiert haben soll.

„Es gab schon immer rechtsextreme Tendenzen in der Szene, aber sie war nie flächendeckend rechts“, sagt Martin Winands, Experte für Fan-Gewalt von der Uni Bielefeld. Seine Beobachtung deckt sich mit der des NRW-Verfassungsschutzes: Bei der aktuellen Bewegung zeigen sich demnach viele altbekannte Szenegrößen, so genannte Alt-Hooligans. „Es geht sicherlich darum, ein Zeichen zu setzen, dass sie noch da sind“, sagt Winands.

„Das ist nicht auszuschließen, aber ich sehe die Stadien eher als Rekrutierungsfeld für diese Gruppe“, sagt Martin Winands. Experte Pilz von der Uni Hannover hält das Mobilmachen der Alt-Hooligans für einen Machtkampf mit den mancherorts eher linksorientierten Ultra-Gruppen: „Zivilcouragierte Ultras sind eigentlich das Hauptfeindbild, da sie den Hooligans zu gemäßigt sind.“ In Aachen und Braunschweig haben gewaltbereite Hooligans die lokalen Ultragruppen inzwischen aus den Stadien verdrängt. Auch in Düsseldorf beklagt eine Ultra-Gruppe mangelnde Rückendeckung durch den Verein und die übrige Fanszene.

„Es geht um nichts anderes, als Anerkennung von der demokratischen Seite der Gesellschaft zu bekommen“, sagt Fan-Forscher Pilz. Zudem schweiße das gemeinsame Feindbild die Gruppe zusammen. In Köln zeigte sich in Posen und Parolen überdeutlich, dass das Thema vor allem dazu genutzt wurde, eine generelle Islam- und Fremdenfeindlichkeit auszudrücken.

Angeblich sind weitere Demos in Berlin und Hamburg geplant. Die Gruppe ist enorm schnell gewachsen (siehe Kasten). Ein Vertreter der Polizei, der nicht namentlich genannt werden möchte, rechnet mit einem weiterhin steigenden Mobilisierungspotenzial: „Jeder Krawallmacher, der einfach nur aufmischen will, ist beim nächsten Mal dabei.“