Ernste Beziehungskrise: Streit in Städteregion Aachen
Stadt und Alt-Kreis Aachen wollten zusammen stark sein. Worauf sie sich bei der Städteregion einließen, merken sie erst jetzt.
Aachen. Was denn nun: Ist Aachen kreisfrei oder nicht? Diese Frage hat zu einer ernsten Beziehungskrise zwischen Stadt und Alt-Kreis Aachen geführt. Vor fast zwei Jahren hatten sie sich das Ja-Wort für die Städteregion gegeben, einen Teil-Zusammenschluss. „Weil es zusammen besser geht“, hatte CDU-Mann Helmut Etschenberg für die Verbindung geworben. Heute ist er Städteregionsrat, so etwas wie ein „erweiterter“ Landrat. Die junge Ehe aber steckt in der Krise.
Es gibt Stress wegen der Rollenverteilung: Wer gibt wann den Ton an? Bis Ende des Jahres will Etschenberg Klarheit. Ansonsten ist Schluss mit der Quälerei, meint er. Man müsse zur Besinnung kommen. Mit „man“ meint er die anderen, die Kaiserstädter. „Wenn das nicht erreichbar ist, bin ich dafür, dass man einen Schnitt macht“, sagt Etschenberg, durch und durch ein Mann des Kreises. Der Schnitt, das könnte für ihn eine nicht ganz so enge Partnerschaft sein, ein Zweckverband vielleicht. Die Städteregion ist sehr viel mehr.
Aachen hat Printen, Pferde, Dom, Kaiser Karl, Karlspreis und Hochschule. Der Kreis hat — aus der Ferne betrachtet — die Eifel. Wenn sich Stadt und Kreis verbinden, könnten sie im Wettbewerb der Regionen eine größere Rolle spielen, hatten sie gedacht. Aber es knirschte ganz schnell — so ist das wohl bei jungen ungleichen Paaren. Zuerst war ein ständiges Grummeln an der Verwaltungsbasis zu hören, dann ein kontinuierlicher Streit an der Spitze zwischen den beiden CDU-Männern Etschenberg und Oberbürgermeister Marcel Philipp. Nach dem „Aachen-Gesetz“ ist Aachen beides: kreisfrei und „regionszugehörig“. „Das Problem ist, dass das Gesetz in seiner Formulierung diese Unvereinbarkeit offen lässt“, sagt Philipp. Das führt zum Kompetenzgerangel. Die Stadt will ihre Freiheit, der Alt-Kreis nimmt die Partnerin mit neuen Aufgaben in die Pflicht. Beide fühlen sich im Recht.
„Die Stadt Aachen sieht ihren Status als kreisfreie Stadt zu sehr tangiert“, meint Etschenberg. Das betreffe vor allem neue Aufgaben, die die Städteregion für alle angehörigen Kommunen beschließe. „Dafür sitzen ja auch Abgeordnete aus Aachen in meinem Städteregionstag.“ An der städtischen Verwaltungsbasis wird genau das aber von einigen wie eine feindliche Übernahme gesehen.
Ein viel größeres Problem sieht Philipp in dem Selbstverständnis der Städteregion, nicht nur für die kleinen Kreisstädte, sondern auch für das große Aachen in allen Fragen übergeordnete Instanz zu sein. „Das kann nicht sein. Das muss in den Köpfen mal geklärt werden, weil wir sonst aus dem Dilemma nicht rauskommen.“