Erste Risse in der rot-grünen Harmonie
Warum es in NRW zwischen SPD und Grünen hakt — und wer dabei welches Interesse verfolgt.
Düsseldorf. Für die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen ist der Status der Minderheitsregierung mittlerweile Alltag geworden, die Gerüchte über vorgezogene Wahlen sind verhallt, das Regieren wird langsam zur Routine. Damit aber nicht unbedingt einfacher, denn nun gilt es jenseits der großen Glanzprojekte (Abschaffung der Studiengebühren, Schulfrieden und Hilfe für die Kommunen) etwas ebenso Wichtiges wie Dröges wie den Landesetat aufzustellen. Und da zeigen sich zumindest einige Verspannungen im Verhältnis der beiden Koalitionspartner.
Aktuell gab es bei der Verabschiedung der mittelfristigen Finanzplanung Stress. Dieses sperrige Werk zeigt die Haushaltsentwicklung der kommenden Jahre an. In der Kabinettssitzung wurde nun heftig darüber diskutiert. Nach außen drang an dem Tag eine Botschaft: Die Grünen wollten eigentlich noch mehr sparen, die Sozis aber nicht, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) habe die Diskussion im Sinne ihrer Partei beendet.
Ganz so sei es nun nicht gewesen, berichten Sitzungsteilnehmer. So hätten gerade die Grünen-Minister darauf gedrängt, das von Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ins Auge gefasste Sparziel von 750 Millionen Euro im Jahr zu verringern. Das lehnten Kraft und der Finanzminister ab.
Außerdem bekrittelten die Grünen an den Einzeletats der SPD-Minister Guntram Schneider (Soziales), Svenja Schulze (Hochschule) und Ute Schäfer (Familie), weil sie überproportional steigen sollen. Die SPD-Seite verwies auf die sogenannte Ohnehin-Kosten durch die höhere Erstattung bei der Grundsicherung (Soziales) und Bafög (Hochschule) sowie einvernehmliche politische Schwerpunkte (Kita-Betreuung).
Nach rund 90 Minuten war die Diskussion durch, persönliche Angriffe gab es nicht. „Das ist ein sehr großer Unterschied zur alten rot-grünen Regierung, bei der es immer mal wieder gekracht hat“, sagte ein Spitzengrüner, der schon zwischen 1995 und 2005 dabei war. Doch bei aller Harmonie: Die Finanzen sind so etwas wie die Achillesferse der Regierung. Keiner will die Schulden verantworten, jeder will als Sparer gelten.