Internet: "Fonds für Städte ist möglich"
Norbert Walter-Borjans, NRW-Finanzminister,über Schulden und kommunale Hilfen.
Herr Walter-Borjans, die Landesregierung will 2010 die Neuverschuldung auf neun Milliarden Euro hochschrauben. Warum?
Walter-Borjans: Wir ziehen lediglich eine saubere Schlussbilanz der alten schwarz-gelben Regierung. Ich will ab 2011 einen Konsolidierungskurs fahren. Das gelingt nur, wenn alte Risiken nicht ständig neue Milliardenlöcher reißen. Deshalb wollen wir die Vorsorge für die mit Sicherheit zu zahlenden Garantien für die ehemaligen WestLB-Lasten deutlich erhöhen und außerdem den Kommunen das zurückgeben, was ihnen die Landesregierung genommen hatte. Dafür kommen 2010 alles in allem knapp 2,5 Milliarden Euro zusammen.
Walter-Borjans: Das steht noch nicht genau fest. Aber am Ende soll nicht mehr als eine acht vor dem Komma stehen.
Walter-Borjans: Damit keine Legende entsteht: Der Negativrekord kommt nicht durch den rot-grünen Politikwechsel zustande. Schwarz-gelb hatte für 2011 nachweislich über acht Milliarden Euro Neuverschuldung geplant, aber bis zur Wahl nur von 6,5 Milliarden gesprochen. Wir wollen diese Lasten nicht Kommunen und Studierenden ans Bein binden, sondern die Ausgaben ab 2011 schrittweise senken. Dennoch müssen wir auch investieren, um unsere Zukunftsfähigkeit zu sichern. Im nächsten Jahr finanzieren wir daher die angekündigten rot-grünen Projekte, wie etwa die Abschaffung der Studiengebühren oder die Befreiung von den Kita-Gebühren im dritten Jahr. Das dürfte insgesamt eine Milliarde Euro kosten.
Walter-Borjans: Wir ignorieren diese Vorgabe keineswegs, sondern werden auch konsolidieren, natürlich. Aber ich sage auch: Die Mehrausgaben sind Investitionen in die Zukunft unserer Kinder. Und da ist es auch vertretbar, wenn diese Generation sich an der Rückzahlung beteiligt.
Walter-Borjans: Die Risiken stecken nicht mehr in der WestLB, sondern vielmehr in der ausgegliederten "Ersten Abwicklungsanstalt". Wir gehen davon aus, dass die Garantien das Land mittelfristig mit schätzungsweise drei bis vier Milliarden Euro belasten könnten. Bisher hat die Vorgängerregierung aber nur gut eine Milliarde zurückgestellt. Im Nachtragshaushalt stocken wir daher die Vorsorge zusätzlich um rund eine Milliarde Euro auf.
Walter-Borjans: Das ist erst einmal ein Anfang. Aber es ist auch klar, dass auch die Städte etwas tun müssen - etwa die Kostenentwicklung ihrer Bauvorhaben noch stärker als bisher hinterfragen. Da müssen sie ein besseres Kostenmanagement betreiben.
Walter-Borjans: Ja, das halte ich für möglich. Ich bespreche derzeit mit Innenminister Jäger, wie und in welchem Umfang wir helfen können. Dabei muss aber auch klar sein: Die Kommunen müssen zeigen, dass sie künftig verantwortungsvoll haushalten.
Walter-Borjans: Ich suche das Gespräch mit den Behörden. Wir müssen Wege finden, die Verfahren noch mehr zu vereinfachen. Mit meinem bayerischen Kollegen rede ich zum Beispiel über eine "vorausgefüllte Steuererklärung", in der die wichtigsten Daten schon enthalten sind und nicht immer wieder erstellt werden müssen. Das allerdings braucht seine Zeit.