Ist das nordrhein-westfälische Kommunalwahlrecht undemokratisch?

Die Initiative "Mehr Demokratie" ist jedenfalls der Meinung, dass es demokratischer werden muss. "Wir wollen den Menschen dieses Ohnmachtsgefühl nehmen, das viele vom Wählen abhält", sagt NRW-Sprecher Thorsten Sterk.

Düsseldorf. Ihre Kritik: Die Parteien entscheiden schon vor einer Wahl durch die Platzierung der Kandidaten auf den Listen, ob jemand überhaupt eine Chance hat, in den Rat gewählt zu werden. Und: Der Wähler kann nur alle Kandidaten einer Partei wählen, obwohl er vielleicht bestimmte Personen der Wahlliste gar nicht wählen will.

"Mehr Demokratie" will das ändern. Ab heute werden in vielen Städten und Gemeinden Unterschriften für eine Volksinitiative gesammelt, die den Landtag dazu bewegen soll, das "Kumulieren" (Stimmen häufen) und "Panaschieren" (Stimmen mischen) bei Kommunalwahlen einzuführen.

Das System: Jeder Wähler erhält genau so viele Stimmen, wie der Rat Sitze hat. Diese kann er auf verschiedene Kandidaten verschiedener Parteien und Wählergemeinschaften verteilen. Dabei kann er Kandidaten, die er besonders bevorzugt, bis zu drei Kreuze geben. So kann zum Beispiel ein Kandidat mit eigentlich aussichtslosem Listenplatz doch in den Rat gewählt werden. Der Wähler hat aber weiterhin die Möglichkeit, nur eine Partei zu wählen, die dann automatisch alle seine Stimmen erhält. "Dann sollte es aber die Möglichkeit geben, auf der Liste der Partei bestimmte Kandidaten zu streichen, die man nicht unterstützen will", sagt Sterk.

Kritiker höhnen: Geht’s nicht noch etwas komplizierter? Ganz von der Hand zu weisen ist diese Kritik nicht. Der Stadtrat von Düsseldorf zum Beispiel hat über 80 Sitze, der von Wuppertal über 70 und der Krefelder Rat über 60 - das wären jeweils genau so viele Kreuzchen. Da kann das Wählen schon mal zu einer langwierigen Angelegenheit werden - und wehe, man verzählt sich!

Volksinitiative Mindestens 0,5 Prozent der Wahlberechtigten in NRW (ca. 66 000) müssen sie per Unterschrift unterstützen. Folge: Der Landtag muss sich mit dem Anliegen befassen, aber nicht abstimmen.

Volksbegehren Mindestens acht Prozent der Wahlberechtigten in NRW (ca. eine Million) müssen sich binnen acht Wochen in den Listen eintragen, die in den Bürgerbüros der Kommunen ausliegen. Folge: Der Landtag muss binnen sechs Monaten über das Anliegen abstimmen, kann aber ablehnen.

Volksentscheid Lehnt der Landtag ab, kann er per Volksentscheid überstimmt werden. Er ist erfolgreich, wenn die Mehrheit dafür ist. Das müssen aber mindestens 15 Prozent (2 Mio.) der Wahlberechtigten sein.