Stimmungsmache Jäger sieht Hetze gegen Flüchtlinge als Auslöser für Reker-Attentat

Was hat den Attentäter von Köln zu dem Anschlag auf die neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker angetrieben? Politik und Verfassungsschutz sehen in der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge einen Auslöser.

SPD-Innenminister Jäger sieht die Hetze gegen Flüchtlinge als Hintergrund für den Angriff auf die parteilose Kölner OB-Kandidatin Reker.

Foto: dpa

Köln (dpa). Das Kölner Attentat auf Henriette Reker ist nach Sicht des NRW-Innenministers Ralf Jäger (SPD) eine Folge der zunehmenden Hetze gegen Flüchtlinge. Reker war am Samstag noch vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin aus fremdenfeindlichen Motiven niedergestochen worden. „Dieser offensichtlich politisch motivierte Mordanschlag zeigt, welche furchtbaren Auswirkungen es hat, wenn die Saat hasserfüllter und fremdenfeindlicher Parolen im Netz und auf der Straße aufgeht“, sagte Jäger am Montag. Reker war bisher als Sozialdezernentin auch zuständig für die Flüchtlinge in Köln.

Die Radikalisierung der Flüchtlingsdebatte werde von rechtsextremistischen Agitatoren bewusst gefördert. „Wer hier mitläuft und zulässt, dass ausländerfeindliche und rechtsradikale Parolen salonfähig gemacht werden, macht sich mitschuldig“, sagte Jäger weiter. Die menschenverachtende Hetze vergifte die Gesellschaft. „Das können und werden wir nicht hinnehmen.“

Der mutmaßliche Attentäter von Köln spielte nach Einschätzung des NRW-Verfassungsschutzes im rechtsextremen Lager keine zentrale Rolle. Der 44 Jahre alte Mann, der Reker am Samstag schwer verletzt hatte, sei in den vergangenen Jahren „ab und zu Mal im Internet aufgetaucht, aber er war eher eine Randperson in diesem Bereich“, sagte der Chef des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, im WDR-Hörfunk.

In den 1990er Jahren habe es Hinweise gegeben, dass sich der Mann der rechtsextremen Szene, insbesondere der inzwischen verbotenen FAP anschließen wollte. Der Mann sitzt wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Er hat laut Polizei fremdenfeindliche Motive als Auslöser für seine Tat genannt.

Im Internet gebe es eine unglaubliche Zunahme der Hetze gegen Flüchtlinge und Aufnahmeeinrichtungen. Wenn man im Internet so etwas wie virtuellen Applaus für seine Hetze erhalten habe, dann könnten „schnell aus Worten Taten werden“, sagte Freier weiter. Viele der Täter kämen gar nicht aus dem organisierten Rechtsextremismus, sondern aus dessen Umfeld. „Wir gehen davon aus, dass rechtsextremistische Parteien und Organisationen diese Hetze im Internet bewusst schüren.“

Der Städte- und Gemeindebund sieht Kommunalpolitiker in Deutschland zunehmend durch Angriffe von Extremisten gefährdet. „Diese Hasskriminalität in der politischen Auseinandersetzung hat natürlich in der Messerattacke hier in Köln einen traurigen Höhepunkt erreicht“, sagte der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Deutschlandfunk. Die Kommunalpolitik brauche den Schutz des Staates.

Die parteilose Reker war am Sonntag mit 52,7 Prozent zur ersten Frau auf dem Chefsessel im Rathaus der viertgrößten Stadt Deutschlands gewählt worden. Bei der Wahl wurde sie unterstützt von CDU, FDP und den Grünen. Reker war nach dem Attentat am Samstagmorgen notoperiert worden. Die behandelnden Mediziner erklärten, ihr Genesungsprozess brauche eine gewisse Zeit.