Kinderpornografie: Bilder belasten Beamte
Eine Spezialabteilung des Landeskriminalamtes muss die Ekel-Fotos und Filme auswerten, um Opfern helfen zu können.
Düsseldorf. Sie arbeiten als hoch geachtete Spezial-Abteilung beim NRW-Landeskriminalamt, doch um ihren Job werden die derzeit sieben Polizeibeamtinnen und -beamten von kaum jemandem beneidet. Denn in der "Zentralen Auswertungs- und Sammelstelle Kinderpornografie" sind sie tagtäglich mit den tiefsten Abgründen der menschlichen Psyche befasst.
Ihre Aufgabe: Bei Ermittlungsverfahren in NRW sichergestellte Dateien, Filme und Fotos mit kinderpornografischen Inhalten zu sichten, zu analysieren und mögliche Zusammenhänge zwischen einzelnen Fällen herauszufinden.
Und dazu flimmern dann täglich ekelerregende Fotos und Filme über die Computerbildschirme, wenn die Experten mit Hilfe von Bildanalyse-Programmen nach Identifizierungsmerkmalen von Opfern, Tätern oder Örtlichkeiten suchen. "Man muss schon eine große professionelle Distanz aufbauen können, um die tägliche Konfrontation mit diesem Schmutz bestehen zu können", sagt Horst Treffehn (50), der die Abteilung seit 1991 leitet.
"Gut eine Million Fotos und Filme" sind nach Treffehns Schätzung derzeit in den Archiven des LKA. "Das sind natürlich nicht alles harte Pornos, aber da sind durchaus auch wirklich ekelhafte Sachen darunter - eben ein breites Spektrum." Und dieses Spektrum reicht von unschuldigen kleinen Mädchen, die dabei gefilmt wurden, wie sie am Strand ihren Badeanzug ausziehen, bis hin zu professionell gefilmten Penetrationen gefesselter Kinder und gar von Babies.
Doch gleichgültig ob eher noch harmlos oder brutal und ekelerregend - die Frauen und Männer müssen immer sehr genau und konzentriert hinsehen, wenn der eklige Schmutz über die Monitore ihrer Computer flimmert. Sie müssen Zusammenhänge erkennen zwischen Fotos oder Filmen, Hinweise sehen, die eine Identifizierung vor allem der Opfer oder eine Lokalisierung der Tatorte ermöglichen.
Ein solcher Hinweis kann beispielsweise eine Zeitung oder ein Bild sein, die kurz am Bildrand zu erkennen sind, oder andere Besonderheiten aus dem Bildumfeld der gezeigten Personen. Treffehn: "Das ist letztlich unsere größte persönliche Motivation für diese Arbeit - die Chance zu bekommen, eines dieser Opfer aus seiner Missbrauchsituation befreien zu können."
Doch diese Arbeit geht trotz größter professioneller Distanz nicht spurlos an den Menschen vorbei. Treffehn: "Es kommt immer wieder vor, dass man bei den in diesen perversen Filmen gezeigten Opfern plötzlich Ähnlichkeiten mit Kindern aus dem eigenen privaten Umfeld sieht. Oder wenn man mit den eigenen Kindern oder Patenkindern spielt, hat man plötzlich Bilder im Kopf, die man von der Arbeit her kennt - das ist kein schönes Gefühl."
Bei der Arbeit im LKA ist es deshalb nicht selten, dass jemand aus dem Team plötzlich aufsteht, in der Kantine eine Tasse Kaffee trinken geht oder an der frischen Luft eine Runde um den Block dreht. "Das geht auch gar nicht anders", sagt Horst Treffehn. "Sonst würde man irgendwann zusammenbrechen."
Und manchmal müssen die Frauen und Männer, die sich alle freiwillig zu ihrer Arbeit gemeldet haben und dafür im Schnitt monatlich knapp 2000 Euro netto bekommen, sogar "eine zeitlang ganz weg vom Bild" - Statistiken erstellen, Verwaltungsschriftverkehr führen, notfalls auch Akten sortieren. Hauptsache, erst einmal keine geschundenen kleinen Leiber mehr ansehen müssen.
Doch es gibt auch schöne Augenblicke in der Arbeit der Frauen und Männer von der "Zentralen Auswertungs- und Sammelstelle Kinderpornografie". Immer dann, wenn sie mit ihrer Arbeit zur Festnahme von Kinderporno-Hintermännern oder zur Befreiung von Kindern aus Missbrauchssituationen beitragen konnten. Treffehn: "Dann genehmige ich mir abends zu Hause ein gutes Glas Wein und sage mir: Ja, der Einsatz hat sich gelohnt."