Landtag verabschiedet neues Wohnrecht gegen „Schrott-Immobilien“
Harte Zeiten für Abzocker auf dem nordrhein-westfälischen Wohnungsmarkt: Der Landtag beschließft ein scharfes Gesetz mit "Wohnungspolizei" und hohen Bußgeldern.
Düsseldorf (dpa). Eigentümer, die ihre Mieter in „Schrott-Immobilien“ abkassieren wollen, müssen künftig mit bis zu 50 000 Euro an Bußgeldern rechnen. Das sieht ein neues Wohnungsaufsichtsgesetz vor, das der nordrhein-westfälische Landtag am Mittwoch mit den Stimmen der rot-grünen Regierungsfraktionen verabschiedet hat.
Damit sollten Wohnungs- und Ordnungsämter mehr Möglichkeiten erhalten, gegen „schwarze Schafe“ vorzugehen, die ihre Wohnungen vernachlässigten, erläuterte NRW-Bauminister Michael Groschek (SPD). „Der Dreiklang - Vernachlässigen, auspressen, verramschen - muss durchbrochen werden.“
Die neuen Durchgriffsmöglichkeiten sollen die Gemeinden außerdem vor Kostenrisiken schützen und Stadtviertel vor Verwahrlosung bewahren. Das Gesetz soll im Laufe des kommenden Monats in Kraft treten. CDU und FDP stimmten dagegen, weil sie die Novelle für nicht durchführbar und nicht rechtssicher halten; die Piraten zweifeln ebenfalls an der Umsetzbarkeit und enthielten sich.
Die Rechtsinstrumente der Gemeinden werden geschärft: Sie können künftig bei Missständen Instandsetzungen anordnen, wenn der Eigentümer nicht handelt oder verwahrloste Wohnungen sogar für unbewohnbar erklären. Dann muss der Eigentümer Ersatzwohnraum zur Verfügung stellen. „Die Kommunen sind weder personell noch finanziell in der Lage, das Gesetz umzusetzen“, kritisierte der CDU-Abgeordnete Klaus Voussem. Außerdem habe er bei der „eigentümerfeindlichen Überregulierung“ verfassungsrechtliche Bedenken.
Auch die FDP monierte, klamme Gemeinden könnten bei der Sanierung verwahrloster Wohnungen wohl kaum in Vorleistung treten, wenn der Eigentümer sich verweigere. „Die Kommunen können das nur nach Kassenlage umsetzen“, sagte der FDP-Abgeordnete Holger Ellerbrock. Außerdem müsse die Unverletzlichkeit der Wohnung geachtet werden. Ein Eingriff sei nur durch richterliche Anordnung und nicht durch ein Ordnungsamt zu legitimieren.
Das Gesetz definiert die Anforderungen an Wohnraum neu. Neben Baustandards wurden sie um Ausstattungs- und Hygienevorgaben erweitert. Sanitäre Anlagen und Heizungen müssen nicht nur vorhanden sein, sondern auch funktionieren. Bei Zentralheizungen ist auch Heizenergie zur Verfügung zu stellen.
Um Überbelegung zu vermeiden, werden Mindestgrößen für Wohnraum festgelegt: Für jeden Erwachsenen müssen mindestens neun Quadratmeter Wohnfläche bereitgestellt werden, für Kinder bis sechs Jahre mindestens sechs Quadratmeter. Wenn Vermieter sich nicht an die Mindestwohnfläche halten, kann die Gemeinde künftig Teilräumung verlangen. „Der kommunale Tiger muss nicht mehr als Bettvorleger landen, sondern kann wieder zupacken“, sagte Groschek.
Mieter in „Schrott-Immobilien“ oder überbelegten Wohnungen können sich an ihre Gemeinde wenden und müssen nicht zuvor ihre Rechte einklagen. Sie erhalten künftig sogar ein Informationsrecht, wenn es zu einem Verfahren zwischen Gemeinde und Eigentümer kommt.
„Über 90 Prozent der Vermieter in unserem Land sind anständig“, sagte Groschek. „Für die ist unsere Wohnungspolizei Freund und Helfer. Sie haben nichts zu befürchten vor der Sanktionskraft unseres Gesetzes.“ Es könne aber nicht sein, „schwarze Schafe“ auf einen Besuch der Ordnungshüter vorzubereiten, hielt er der Opposition entgegen. „Dann sind die Matratzenlager beseitigt und die Missstände werden nicht mehr beweisbar sein.“