Lehrerausbildung: Interview mit Professor Jürgen Baumert - „Hochschulen haben nun mal keine Schule“
Der Experte vom Max-Plack-Institut für Bildungsforschung hält nichts von mehr Praktika.
<strong>Herr Professor Baumert, in Ihrem Gutachten heißt es, mehr Praxis im Studium könne nicht durch mehr Praktika erreicht werden.Baumert: Es lohnt sich nicht, zusätzliche Praktika einzuführen, wenn die Qualität der existierenden nicht verbessert wird. Die Vor- und Nachbereitung der Praxiseinheiten muss in der Gesamtstruktur des Studiums verankert sein, so dass die Studenten wissen, wozu sie das Praktikum machen. Außerdem muss es in den Schulen feste Betreuungspersonen geben. Die Stärke der Uni ist zudem die theoretische, analytische Ausbildung. Hochschulen haben nun mal keine eigene Schule. Was verbirgt sich hinter den "Zentren für Lehrerbildung" ?Baumert: Sie sollen für die pädagogische Ausbildung in sämtlichen Fächern zuständig sein, aber nicht nur koordinierende Funktion haben, sondern auch Ressourcen verteilen können. Wenn also zum Beispiel der Fachbereich Mathe Einführungsseminare für Lehramtsstudenten anbietet, dann bekommt er von dem Zentrum für jeden Studenten Geld. Warum soll es ein gesondertes Lehramt für Grundschulen geben?Baumert: Es ist etwas anderes, jemandem das Einmaleins beizubringen, als in der 10. Klasse Mathe zu unterrichten. Bei einem Grundschullehrer geht es nicht um wissenschaftliche Forschung, sondern um elementare Einführungen in ganz unterschiedlichen Fächern wie Deutsch und Mathe.
Jürgen Baumert (65) ist Direktor des Max-Plack-Instituts für Bildungsforschung, das die erste Pisa-Studie in Deutschland koordinierte.