NRW-Politik Lehrermangel in NRW? Jeder zweite Grundschullehrer arbeitet nur in Teilzeit
Düsseldorf · In NRW arbeitet mehr als jeder dritte Lehrer in Teilzeit, an Grundschulen noch viel mehr. Forderungen das zu ändern werden lauter.
Der Lehrermangel im Bundesgebiet ist eklatant, in NRW gilt das besonders. Kaum ein Tag vergeht mit einer neuen Mangelstudie. Die Gründe: Zu viele Schüler, zu wenig Studienplätze für angehende Lehrer, eine schlechte langfristige Personal-Planung inklusive Zuwanderung und höherer Geburtenrate seit 2014. Eine interessante NRW-Zahl wirft allerdings jetzt ein neues Licht auf den Lehrermangel: Mehr als jeder dritter Lehrer in NRW arbeitet in Teilzeit. Vor allem an Grundschulen, wo der Lehrerbedarf besonders hoch ist, ist es noch eklatanter: Von 48 285 Grundschullehrern in NRW arbeiten 22 458 Lehrer in Teilzeit, also fast jeder zweite. Das sagt die Übersicht für 2018/19 „Das Schulwesen in NRW aus quantitativer Sicht“.
Ein Aspekt, den das Schulministerium für die Lehrergewinnung wie Seiteneinstiege, Sek II-Lehrer an Grundschulen oder mehr Studienplätze nach Informationen dieser Zeitung im Blick hat, aber noch mit der Kneifzange anfasst. Denn mit einer bislang möglichen voraussetzungslosen Antragstellung auf Teilzeitarbeit, die es jedem ermöglicht, jederzeit seine Arbeitszeit zu reduzieren, sind dem Dienstherrn weitgehend die Hände gebunden.
Bertelsmann-Studie empfiehlt weniger Teilzeit
Die Landeselternschaft der NRW-Gymnasien hat den Wunsch nach erhöhter Stundenzahl der Teilzeit-Lehrer in einem Brief vom 19. März 2019 zum Ausdruck gebracht, in dem es zu möglicher Rückkehr in Vollzeit heißt: „Deren beachtliche Zahl würde unsere große Notlage bei einem auch nur teilweisen Erfolg erheblich abmildern – und das durch gut ausgebildete Fachkräfte.“ Es brauche Arbeitsverbesserungen für Lehrer, die oft unter „hoher Belastung“ auf Teilzeit zurückgreifen würden. „Die Probleme sind gemeinsam lösbar, mit Mut und den vorhandenen Lehrern, die vom Staat ausgebildet und zu 4/5 verbeamtet wurden“, heißt es. NRW gehöre zu den Ländern mit den geringsten Bildungsausgaben pro Schüler. Auch die Verfasser einer aktuellen Bertelsmann-Studie empfehlen „Unterstützungsmaßnahmen zur Vereinbarkeit von Lehrerjob und Familie“, um Teilzeitlehrern zu ermöglichen, ihr Unterrichtspensum zu erhöhen. Auch angehende Ruheständler sollten länger eingebunden werden.
Zudem forderten die Verfasser der Studie, die besagt, dass der Lehrerbedarf deutlich höher sein soll als zuletzt von der Kultusministerkonferenz (KMK) veröffentlicht, die Bedarfsprognose jährlich zu aktualisieren (siehe dazu den Kasten). Bis 2025 fehlen der Studie nach bundesweit mindestens 26 300 Lehrer und damit 11 000 mehr als angenommen, weil sich die Bevölkerungsschätzung noch einmal verändert habe. Der Verband Bildung und Erziehung kritisiert hingegen die Überlegungen, die Teilzeit einzuschränken. VBE-NRW-Chef Stefan Behlau hält es für falsch, den „Beruf unattraktiver zu machen und damit den Personalmangel bekämpfen zu wollen“. Vielmehr müsse man sehen, „wie viele Stunden zum Glück durch die teilzeitarbeitenden Kolleginnen und Kollegen geleistet werden“.