Löhrmann: Nach Pisa-Schock ermutigende Schulentwicklung
Ende 2011 schockte der internationale Vergleichstest Pisa mit extrem mageren Ergebnissen für deutsche Schüler. Reformen folgten. Vieles ist besser geworden, vieles bleibt noch zu tun. Sagt die Chefin der Kultusministerkonferenz Löhrmann - und schaut auch auf den Bund.
Düsseldorf (dpa). Gut zehn Jahre nach dem Pisa-Schock und einer „ermutigenden“ Aufholjagd sollte sich Deutschland nach Einschätzung von Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) nicht zurücklehnen. „Nach dem Pisa-Schock Ende 2001 haben wir bundesweit Fortschritte gemacht“, sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz der Nachrichtenagentur dpa in Düsseldorf.
„Deutschland zeigt eine besonders erfreuliche Entwicklung, weil es gelungen ist, die Leistungen in allen drei Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften kontinuierlich zu verbessern“. Aber: „Wir haben den klaren Auftrag, in unseren Anstrengungen als Bildungsnation im internationalen Wettbewerb nicht nachzulassen.“
Die soziale Frage - Bildungserfolg ist weiter stark abhängig von Elterneinkommen und sozialer Herkunft - sei nach wie vor nicht gelöst, betonte die KMK-Präsidentin. „Wir haben zwar die sogenannte Risikogruppe von 23 auf 18 Prozent gesenkt. Aber diese Gruppe ist natürlich noch viel zu groß.“ Zugleich werde das Potenzial guter Schüler noch nicht optimal ausgeschöpft.
Der weltweit größte Schultest der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte 2001 große Defizite bei deutschen Schülern vor allem in Lesen und Rechnen offengelegt. Die Kultusminister reagierten mit zahlreichen Reformen. Die Schüler liegen nun bei Pisa in Lesen, Naturwissenschaften und Mathe oberhalb des Industriestaaten-Durchschnitts.
Eine Folge war die auf acht Jahre verkürzte gymnasiale Schulzeit (G8), die aber inzwischen zunehmend als zu stressig kritisiert wird. Löhrmann stellte allerdings klar, dass die Leistungsfähigkeit der Schüler und ihr Abschneiden beim „Turbo-Abitur“ keineswegs abgenommen habe, sondern sogar leicht nach oben weise.
Zugleich forderte sie mehr Engagement aus Berlin: „Wir brauchen die Unterstützung des Bundes in den Schulen - ohne dass der Bund die Schulgesetze der Länder macht, das will niemand.“ Der Bund sei in der Pflicht etwa bei Schulsozialarbeit, Übergang von Schule in den Beruf oder auch bei den Inklusionshelfern für einen gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung.
Dass der Bund sechs Milliarden Euro für vier Jahre in Bildung investiere, aber bis zu elf Milliarden pro Jahr für die Rente ausgebe, sei eine Schieflage, bemängelte die KMK-Präsidentin. Die geplante komplette Bafög-Übernahme ab 2015 nannte sie „einen Tropfen auf den heißen Stein“ für die Länder. NRW bekomme 275 Millionen Euro mehr - allein der NRW-Schulhaushalt betrage 15 Milliarden Euro.
Mit einem „Koppelgeschäft“ schaffe die große Koalition zudem faktisch eine „Erpressungssituation“, kritisierte sie. „Die Ansage aus Berlin ist: Ihr bekommt das Geld aus der Bafög-Entlastung nur, wenn ihr einer Grundgesetzänderung zustimmt, um das Kooperationsverbot aufzuheben, aber nur für den Bereich der Wissenschaft.“ Das sei zu kurz gesprungen. In allen Fragen der Bildungskette brauche es eine „Kooperationskultur“ zwischen Bund und Ländern.