NRW-Etat: CDU wirft Minister Untreue vor

Analyse: Rot-Grün ist in der Defensive. Die Opposition will wissen, ob der Landtag getäuscht wurde.

Düsseldorf. Die wundersame Geldvermehrung im Nachtragsetat des Landes NRW für das Jahr 2010 schlägt immer höhere Wellen in der Landespolitik. Bereits am Dienstag hatte die CDU den Rücktritt von Landesfinanzministers Norbert Walter-Borjans (SPD) gefordert. Am Mittwoch warf ihm der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, Untreue zu Lasten der NRW-Bürger vor.

Walter-Borjans hatte am Mittwoch überraschend erklärt, er müsse für das vergangene Jahr 1,3 Milliarden Euro weniger Schulden machen als bisher geplant. Grund dafür seien Steuermehreinnahmen und geringere Ausgaben in der Höhe von 960 Millionen Euro. Diese Erkenntnis sei aber erst wenige Tage alt, sagte Walter-Borjans am Dienstag.

Laumann stützt seine Vorwürfe auf einen Artikel in der Berliner Zeitung „Tagesspiegel“, der bereits am 20. Januar erschien. Dort wird von einer Einnahmeverbesserung des Landes in Höhe von 1,4 Milliarden Euro berichtet. Tags zuvor hatte Walter-Borjans über die Konsequenzen aus dem Urteil des Landesverfassungsgerichts unterrichtet, das die weitere Kreditaufnahme vorläufig untersagte. Dass dies womöglich nicht mehr nötig ist, weil mehr Geld da ist, sagte der Finanzminister nicht. „Hat er das Parlament getäuscht?“, fragte nun Laumann.

Die rot-grüne Koalition ist in schwere See geraten. Sowohl in der SPD- wie auch in der Grünen-Fraktion gibt es eine Reihe von Abgeordneten, die für das schlechte Erscheinungsbild zwar auch den Finanzminister, aber auch die Staatskanzlei verantwortlich machen. „Das Management dort hat versagt“, sagte ein Genosse kurz und knapp. Die Staatskanzlei — das ist die Herzkammer jeder Landesregierung. Damit zielt der Unmut auch auf Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihr Umfeld.

Tatsächlich findet sich die Regierung trotz einer schwachen Opposition urplötzlich in der Defensive wieder. Vor dem Verfassungsgericht droht eine Schlappe, die Schlagzeilen sind derzeit verheerend. Noch vor einer Woche hatte Kraft alle Optionen: vor allem Neuwahlen, aber auch eine Ampelkoalition, notfalls gar eine Große Koalition. Jetzt aber muss sie durchziehen und die Krise bewältigen.