Christian Lindner kritisiert Schulpolitik NRW-FDP macht Turbo-Abi zum Wahlkampfthema

Gymnasial-Schulzeit, Islamischer Religionsunterricht, Inklusion: Parteichef Christian Lindner knöpft sich die Politik der grünen Schulministerin Sylvia Löhrmann vor.

Christian Lindner hat die Schulpolitik zum Wahlkampfthema der FDP erklärt.

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Düsseldorf. Eigentlich hatte Christian Lindner vor, einen „Ausblick auf die zweite Jahreshälfte“ zu geben. Unter diesem Titel wollte der FDP-Partei- und Fraktionschef Journalisten auf das Programm der NRW-Liberalen in den nächsten Wochen einstimmen. Doch dann konzentrierte er sich auf ein Thema, mit dem er in Zeiten beginnenden Wahlkampfs zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen glaubt. Die Schulpolitik. Fliege Nummer 1: Sympathiewerbung beim Wähler durch Infragestellen des Turbo-Abiturs. Fliege Nummer 2: Die Grünen als Konkurrenten bei der Wahl im Mai in Gestalt der Schulministerin Sylvia Löhrmann für deren Schulpolitik zu attackieren.

Hier hatten sich jüngst bei einer internen Befragung 70 Prozent der FDP-Mitglieder in NRW dafür ausgesprochen, an den Schulen vor Ort darüber abstimmen zu lassen, ob sie das Abitur nach acht oder aber neun Jahren wollen. Lindner betonte zwar, „wir halten unverändert G 8 für ein gutes Modell, aber wir wollen konsequent die Autonomie der einzelnen Schule erweitern“.

Nach der Bekanntgabe des Ergebnisses aus der parteiinternen Abstimmung (entscheiden muss noch ein FDP-Parteitag im November) habe es eine „enorme Zahl von Rückmeldungen bei uns“ gegeben. Lindner: „Wir haben offensichtlich einen Nerv getroffen. Die Kritik an G 8 sei „vor allem eine Kritik an Frau Löhrmann“, weil diese es nicht geschafft habe, organisatorische Mängel in den Griff zu bekommen.

Seine Prognose sei, dass bei Wahlfreiheit der Gymnasien die Mehrzahl bei G 8 bleibe. Aber es spreche nichts gegen eine Wahlfreiheit. „Darüber wird dann eben bei der Landtagswahl abgestimmt.“ Weil die Schulministerin den Vorschlag sofort zurückgewiesen habe, hält Lindner es „für eine Delikatesse zu beobachten, wie sie versuchen wird, bis zur Landtagswahl irgendwie von dieser Palme herunterzukommen.“ Was Lindner nicht sagt: Löhrmann hatte sich zwar gegen ein Hin und Her in der Schulpolitik ausgesprochen, will die Sache aber im Herbst am Runden Tisch mit allen Beteiligten diskutieren.

Lindner fordert: „Jeder Einfluss auf unseren Unterricht aus dem Ausland muss ausgeschlossen werden.“ Verbände müssten transparent ihre finanzielle und organisatorische Unabhängigkeit vom Ausland dokumentieren, sonst könnten sie kein Partner in der Schulpolitik sein. Wenn Schulministerin Löhrmann sage, es sei jetzt an Ditib (Dachverband der türkisch-islamischen Moscheegemeinden), diese Transparenz zu zeigen, sei das der falsche Ansatz. „Nein, es ist Aufgabe der Schulministerin, das aufzuklären“. Es dürfe kein konservatives Islamverständnis geben, das von einer ausländischen Regierung mittelbar in deutsche Schulen getragen werde. Das müsse die Landesregierung sicherstellen.

Aus der richtigen Idee der Inklusion (gemeinsamer Unterricht behinderter und nicht behinderter Schüler) sei eine Ideologie geworden, sagt Lindner: „Lehrer und Sonderpädagogen werden verheizt, Kinder frustriert und nicht mehr individuell gefördert.“ Und nun würden die „Riesenprobleme, die es jetzt schon an Grund- und weiterführenden Schulen gibt, durch einen Rechtsanspruch auf Inklusion auch noch auf Berufsschulen ausgeweitet“. Man brauche verbindliche Standards. Inklusionsangebote dürften nur da gemacht werden, wo eine Doppelbesetzung und Sonderpädagogen gewährleistet seien. Funktioniere das nicht, müsse die Inklusion eben an Schwerpunktschulen angeboten werden.

Um den Problemen, die die Grundschulen bei der Besetzung ihrer Schulleiter-Stellen haben, zu begegnen, müsse es eine bessere Besoldung für Schulleiter geben, fordert Lindner. Und Vertreterstellen, um die Rektoren zu entlasten.

Ein anderes Thema hatte Lindner dann doch noch dabei. Das Dienstrechtsmodernisierungsgesetz, dessen Namen er schon für eine Täuschung hält. Der Landtag hatte im Sommer das Gesetz beschlossen, in dem unter anderem geregelt ist, dass bei Beförderungen im öffentlichen Dienst Frauen auch gegenüber besser qualifizierten Männern vorgezogen werden. Lindner kündigte eine Verfassungsklage an, braucht dafür aber noch die Unterstützung der CDU, „die hier noch eine gewisse Zögerlichkeit überwinden muss“.