Justizminister erläutert neues Strafvollzugsgesetz NRW investiert in Täter-Opfer-Ausgleich - Arbeit in der Haft

Knast zum Strafe absitzen reicht nicht. Schon in der Haft soll der Täter in die Spur gebracht werden, von ihm verursachte Schäden wiedergutzumachen. Der NRW-Justizminister will das forcieren.

NRW-Justizminister Kutschaty

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Düsseldorf (dpa) - Nordrhein-Westfalen investiert jährlich rund 860 000 Euro an Fördermitteln, um Opfern von Straftaten zu einem Schadensausgleich zu verhelfen. Das berichtete NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Damit könnten etwa 3800 Ausgleichsfälle sowie Programme zur Weiterentwicklung des Täter-Opfer-Ausgleichs gefördert werden. Mit dem Geld wird die Arbeit von Schiedspersonen und anderen Ausgleichsstellen unterstützt.

Das neue Strafvollzugsgesetz des Landes habe der Wiedergutmachung einen festen Platz eingeräumt, unterstrich Kutschaty. Das seit Januar geltende Gesetz trägt den Justizvollzugsbehörden auf, Gefangene beim Ausgleich der von ihnen verursachten Schäden zu unterstützen.

In der Praxis kann das etwa bedeuten, arbeitsfähige Strafgefangene dazu anzuhalten, einen festen Anteil ihres in der Haft erworbenen Arbeitslohns für die Wiedergutmachung zur Verfügung zu stellen. Der Täter ist dazu zwar nicht gezwungen, allerdings kann seine Bereitschaft Einfluss auf Hafterleichterungen oder vorzeitige Entlassung haben. „Viele Opfer wollen aber lieber gar nichts mehr mit dem Täter zu tun haben“, berichtete Manfred Schneider vom Bundesverband Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen der dpa.

Der Justizminister will Opferschutz und Straffälligenhilfe besser vernetzen. Bislang seien beide Bereiche oft als verschiedene Welten verstanden worden. „Das ist aber völlig falsch, denn das Eine geht nicht ohne das Andere.“

Deswegen investiere das Land insgesamt über 3,4 Millionen Euro im Jahr für Täter-Opferausgleich, Straffälligenhilfe, Täterarbeit und Therapiemaßnahmen. „Wenn wir Rückfälle vermeiden wollen, müssen wir gerade auch mit den Tätern arbeiten“, erklärte der Minister. „Von allein ändern sich Menschen nicht.“

In den vergangenen beiden Jahren kam es in NRW an den Amts- und Landgerichten jeweils rund 1000 Mal zu Urteilen in Strafverfahren mit Wiedergutmachungsauflagen. In weiteren 213 Fällen (2013: 250) wurde ein Vergleich zwar gerichtlich protokolliert, allerdings in gütlicher Einigung erzielt. In 656 Fällen (2013: 747) wurde ein Strafverfahren mit Auflagen zur Wiedergutmachung des Schadens eingestellt. Wie viel am Ende tatsächlich beim Opfer ankommt, wird allerdings nicht statistisch erfasst.

Die meisten Betroffenen wissen nicht, dass sie umfassende Auskunftsrechte über die Vermögensverhältnisse der Täter haben. „Wir werden unser Informationsangebot für Opfer und unsere Kooperation mit Hilfsorganisationen wie dem Weißen Ring deutlich ausbauen“, kündigte Kutschaty an.

Mit dem neuen Gesetz sind an allen 36 Justizvollzugsanstalten des Landes feste Ansprechpartner für Opfer installiert worden. Auch einzelne Gerichte hätten bereits Opferschutzbeauftragte, die Geschädigte - etwa bei einer Aussage im Prozess - begleiten, erläuterte der Minister.

Das neue Gesetz stärkt die Position der Opfer nicht nur bei Wiedergutmachungsansprüchen. „Opfer von Straftaten haben jetzt auch ein Recht darauf zu erfahren, wann und wo der Täter aus der Haft entlassen wird und werden auch automatisch über eine etwaige Flucht informiert“, erklärte Kutschaty.