NRW-Minister für neuen Mordparagrafen - „lebenslänglich“ soll bleiben
Der Mordparagraf im heutigen Strafrecht wurzelt noch in der NS-Ideologie. Der Bundesjustizminister will das ändern - die Länder streiten. NRW-Justizminister Kutschaty will das Strafrecht von brauner Ideologie befreien - lebenslänglich für Mord soll aber bleiben.
Düsseldorf (dpa). Im Länderstreit über eine Reform des Mordparagrafen wirbt Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) für einen Kompromiss. „Die Tötungsdelikte endlich zu reformieren, heißt nicht, den Mordtatbestand aufzuweichen“, stellt Kutschaty in einem Bericht an den Justizausschuss des Düsseldorfer Landtags klar.
Das Thema steht an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung des Gremiums. „Für mich ist ganz klar, dass ein Mörder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft werden muss“, unterstrich Kutschaty auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa in Düsseldorf. Er begrüßte die Pläne von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), die Paragrafen 211 und 212 zu Mord und Totschlag im Strafgesetzbuch ändern.
Sie gehen im Wesentlichen auf das NS-Strafrecht aus dem Jahr 1941 zurück. Der Gesetzestext beschreibe - dem nationalsozialistischen Gedankengut entsprechend - den „Menschentypus“ eines Mörders statt den Tatbestand in den Mittelpunkt zu rücken, kritisierte Kutschaty. „Fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist es eine Schande, dass wir noch immer ein Gesetz anwenden müssen, dass auf nationalsozialistischer Ideologie beruht.“
Vor allem Bayern und auch andere Bundesländer mit unionsgeführten Justizministerien hatten sich aber gegen die Reform ausgesprochen, weil sie befürchten, dass damit auch die lebenslange Freiheitsstrafe zur Disposition steht. Kutschaty kann das nicht nachvollziehen. Auf Grundlage des Mordparagrafen aus der Feder des Volksgerichtshofvorsitzenden Roland Freisler seien Menschen zu Unrecht vom Naziregime zum Tode verurteilt worden, unterstrich der SPD-Politiker.
„Deren Familien sind wir es schuldig, dass wir unser Strafrecht von der braunen Ideologie befreien. Das ist kein Formalismus, sondern Teil der Aufarbeitung historischen Unrechts.“ 1941 waren neben der „Heimtücke“ als Gesinnungsmerkmal eines Mörders auch die „niedrigen Beweggründe“ als Mordmerkmal ins Strafrecht eingeführt worden.
Bis heute stützt sich der größte Teil aller Taten, die als Mord qualifiziert werden, nach Angaben des NRW-Justizministeriums auf diese Generalklausel. „Nach Auffassung von Freisler und der Nationalsozialisten war die Aufgabe des Richters im Verfahren nur noch, zu bestimmen, welcher Tätertyp „den Strang verdient““, erläuterte Kutschaty in seinem Bericht an den Rechtsausschuss.