Rot-Grün derzeit ohne Mehrheit NRW-Parteien starten in den Wahlkampf - Wer könnte mit wem?
Essen/Münster/Hamm (dpa) - Mit viel Bundesprominenz haben SPD, CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen die heiße Phase des Landtagswahlkampfs eingeläutet. Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) möchte nach sieben Jahren an der Landesspitze ihre Arbeit fortsetzen - am besten in einer rot-grünen Koalition.
Dafür gibt es aber aktuell in Umfragen keine Mehrheit mehr. CDU und FDP wollen Rot-Grün ablösen - möglicherweise zusammen, aber auch eine große Koalition oder sogar ein Wiederaufleben sozial-liberaler Gemeinsamkeiten ist möglich. Nur eine Ampel, die Koalition aus SPD, FDP und Grünen, schloss ein FDP-Landesparteitag am Sonntag in Hamm auf Antrag des Vorstands unter Landes- und Bundesparteichef Christian Lindner definitiv aus.
Die SPD und ihre Spitzenkandidatin Hannelore Kraft luden zu ihrem Landesparteitag in Europas einst größte Zeche Zollverein in Essen. Vor der historischen Industriekulisse schworen Kraft und Kanzlerkandidat Martin Schulz die rund 1400 Genossen auf einen Doppelsieg ein - bei der Landtagswahl am 14. Mai und gut vier Monate später bei der Bundestagswahl am 24. September.
Das wichtigste Versprechen der SPD ist dabei wieder soziale Gerechtigkeit: Kraft stellte in ihrer Rede Gratis-Kitas für 30 Wochenstunden, Wahlfreiheit für das Abitur nach acht oder neun Jahren Gymnasium und jährlich 2300 Neueinstellungen bei der Polizei in Aussicht.
Ihrem Herausforderer, CDU-Landeschef Armin Laschet, hielt Kraft Wankelmütigkeit in zentralen Politikfeldern vor - etwa bei Studiengebühren, Nichtraucherschutz oder der Debatte um ein Internetministerium. „So eine Wackeldackel-Truppe darf unser Land nicht regieren“, betonte die SPD-Landeschefin.
Laschet dagegen warf beim CDU-Landesparteitag Krafts rot-grüner Regierung „Arroganz der Macht“ vor. Die Ministerpräsidentin ignoriere die Probleme des Landes und höre nicht mehr zu. „Wir wollen Nordrhein-Westfalen wieder an die Spitze führen“, rief er den Delegierten im westfälischen Münster zu. Auch die Christdemokraten wollen die Polizei laut ihrem Wahlprogramm personell verstärken, ohne aber eine Zahl zu nennen. Die Partei will NRW „wieder zum Wirtschaftsmotor der Bundesrepublik“ machen, für mehr Bildungsgerechtigkeit und faire Aufstiegschancen kämpfen, so Laschet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte in Münster Krafts Regierung vor allem bei der Inneren Sicherheit. Dort machten es „zig Bundesländer“ besser, sagte die Bundesparteichefin. Auch der Umgang mit den Kölner Silvesterübergriffen und dem Terrorfall Anis Amri zeigten: „Hier muss es besser werden.“
Für die SPD unterstrich Schulz in Essen die herausragende Bedeutung des Votums der rund 13 Millionen Wahlberechtigten in NRW auch für die darauffolgende Bundestagswahl. Wenn Kraft die Wahl in NRW gewinne, verheiße das auch: „Die SPD wird die stärkste Kraft in Deutschland, und ich werde Bundeskanzler“, rief er seinen jubelnden Genossen zu.
FDP-Chef Christian Lindner kündigte an, dass die Landespartei ganz ohne Bündnisaussage in den Wahlkampf gehe. „Wir verzichten auf eine Koalitionsaussage und bewahren unsere Eigenständigkeit“, sagte er in Hamm. „Unser Ziel ist es, drittstärkste Kraft bei den Stimmen in NRW zu werden.“ Rot-Grün kritisierte Lindner scharf: Die Wirtschaftskraft habe abgenommen, die Bildung liege im Vergleich zu anderen Bundesländern hinten, Einbruchszahlen würden steigen. Die Schuld schiebe Kraft anderen zu.