NRW-Wahl: Röttgen-Kür mit Hindernissen

Bundesminister führt die NRW-CDU in die Landtagswahl. Vor dem Parteitag kommt es aber zu Irritationen.

Mülheim. Sie ist geplant als große Jubelveranstaltung, doch als Norbert Röttgen in Begleitung seiner Frau Ebba mit einer halben Stunde Verspätung am Mittwochabend die Mülheimer Stadthalle zum CDU-Landesparteitag betritt, gibt es eher pflichtschuldigen Beifall. Die Stimmung ist eher mau. Sie steigert sich dann aber recht schnell.

Die Delegierten erleben einen Röttgen, der im Wahlkampfmodus einen Frontalangriff gegen die amtierende rot-grüne Minderheitsregierung fährt, gerade gegen die SPD-Minister. „Das ist ein Kabinett der Namenlosen, das ist ein Kabinett der Inkompetenz“, ruft er in den Saal. Gescheitert sei die Regierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Haushalt, am unseriösen Finanzgebaren.

Als Hauptgegner bezeichnet er die SPD. Unter Kraft erscheine sie abgehoben. „Sie kennen die Sorgen der Bürger nicht mehr“, so Röttgen. Und die Grünen, die immer mal wieder als Wunsch-Koalitionspartner Röttgens genannt werden? „Die werden ihr Verhalten teuer bezahlen.“ Das Prinzip Griechenland sei immer das gleiche, die Endlosspirale der Verschuldung führe zu Handlungsunfähigkeit des Staates. Aber: „Nordrhein-Westfalen ist nicht Griechenland.“

Dem setzt Röttgen sein Projekt entgegen, sein Projekt der „Babyboomer“, wie er seine Generation der heute 40- bis 50-Jährigen bezeichnet. Er nennt es „Politik aus den Augen der Kinder“, setzt auf Nachhaltigkeit in den Themenfeldern Finanzen, Umwelt, Soziales. Das bedeute Einschränkungen — wo, sagt er allerdings nicht. Dafür reklamiert er das Schulministerium für seine Partei, beansprucht den Führungsanspruch auch im Bereich Wirtschaft und Energie.

Was auffällt: Er fährt keine persönlichen Angriffe gegen Kraft oder die Chef-Grüne Sylvia Löhrmann. Man weiß ja nie. Die FDP erwähnt er nicht.

Am Ende gibt es doch den minutenlangen stehenden Applaus, der bei einer Nominierung nicht fehlen darf.

Für nachhaltige Irritationen hatte im Vorfeld des Parteitags eine „Bild“-Geschichte gesorgt, die von einer Rebellion gegen Röttgen berichtete. Ausgerechnet der Chef von Röttgens Heimatbezirk Mittelrhein, der Europa-Abgeordnete Axel Voss aus Bonn, hatte in einer SMS dazu aufgefordert, die Kanditatenliste abzulehnen, weil Röttgen seine Lieblinge nach vorne geschoben habe.

Voss fehlt dann auf dem Parteitag. Röttgen kontert kühl: „Bei allen entscheidenden Abstimmungen war Voss dabei und hat mit Ja gestimmt.“

Hinter den Kulissen wird eifrig daran gearbeitet, den offenen Konflikt zu vermeiden. Der Eklat bleibt aus.

Am Ende sind es 96,36 Prozent Zustimmung für den Spitzenkandidaten Norbert Röttgen. Damit kann gut er leben.