NRW will den Ausstieg aus Extremisten-Kreisen erleichtern
Zahl der politisch motivierten Gewalttaten steigt an.
Düsseldorf. Im Kampf gegen Extremismus setzt NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) weiter auf eine Doppelstrategie: Repression und Prävention — Druck und Vorbeugung. „Wir werden nirgendwo wegschauen, nirgendwo nachlassen“, sagte Jäger am Donnerstag bei der Vorstellung des NRW-Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2011.
Der Bericht weist für das vergangene Jahr insgesamt 4888 politisch motivierte Straftaten aus — 238 (fünf Prozent) mehr als noch im Vorjahr. Dabei machten sogenannte Propaganda-Delikte mit 2134 Fällen (Vorjahr: 2122) das Gros der Taten aus.
Bei den politisch motivierten Gewaltdelikten verzeichnete der Verfassungsschutz einen Anstieg von 25,5 Prozent (von 400 auf 502) — vor allem Körperverletzungen, Widerstandshandlungen, Landfriedensbrüche. Dabei hielten sich „rechte“ und „linke“ Gewalttäter in etwa die Waage: 190 Gewaltdelikte wurden rechten Tätern zugeschrieben, 219 linken Tätern.
Schwerpunkte legt der Verfassungsschutzbericht auf den Kampf gegen rechtsextremistische Akteure und gegen extremistische Salafisten. Der Kontroll- und Ermittlungsdruck auf beide Bereiche sei bereits spürbar, sagte Jäger: Im März wurde das rechtsextremistische „Aktionsbüro Mittelrhein“ ausgehoben, im April folgte die Razzia gegen den „Freundeskreis Rade“ in Radevormwald und im Mai wurde die Neonazi-Organisation „Kameradschaft Walter Spangenberg“ aufgelöst.
Beim Kampf gegen Rechts liegt Jäger besonders das vom NRW-Verfassungsschutz entwickelte Aussteigerprogramm für Menschen, die die rechte Szene verlassen wollen, am Herzen. Dieses Programm haben bereits 230 Personen durchlaufen, 130 mit Erfolg. Derzeit werden 30 Aussteiger betreut — unter anderem bei der Suche nach einem neuen Wohnort, einer neuen Wohnung oder einem neuen Job. Dieses Programm will Jäger jetzt noch ausweiten — um spezielle Hilfsangebote für Frauen und Mädchen.
Die Beobachtung radikaler Salafisten beurteilte Jäger als schwierig. „Es ist eine starke regionale Verteilung, das macht den Umgang schwierig mit einer Szene, die sehr flexibel ist.“ Auch hier setzt Jäger neben erhöhtem Kontrolldruck langfristig auf Aufklärung — in Zusammenarbeit mit den islamischen Verbänden. Jäger: „Wir respektieren Glaubensüberzeugungen und wollen Wege aufzeigen, wie diese in der Gesellschaft ohne radikale Fanatiker gelebt werden können.“