Pflegeheime unter Spardruck
Die Einrichtungen im Land sind teurer, aber nicht besser.
Düsseldorf. Wie viel darf gute Pflege kosten? Diese Frage steht im Raum, seitdem NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) ein Gutachten präsentiert hat, wonach die Pflegeheime im Land überdurchschnittlich teuer sind. Laumann macht nun Druck: Die Kosten, so seine Meinung, müssen sinken.
Nach Angaben der Gutachter gehen bis zu 280 der insgesamt 460 Millionen Euro an jährlichen Mehrkosten auf höhere Personalkosten zurück. Danach beschäftigen die Einrichtungen im Land rund drei Prozent mehr Personal, die Vergütung der Pflegekräfte ist besser, das Personal älter. An diesem Punkt will Laumann allerdings nichts ändern. Eine "Billigpflege" sei mit ihm nicht zu machen, versicherte er.
Eine unmittelbare Möglichkeit, Kosten zu senken, hat die Landesregierung allein bei den Investitionskosten: Sie liegen laut Studie um rund neun Prozent oder 1,10Euro pro Tag höher als in den vergleichbaren Bundesländern, was insgesamt 60Millionen im Jahr ausmacht. Grund sei eine verfehlte Förderpolitik des Landes in vergangenen Jahrzehnten, durch die der Bau teurer Einrichtung belohnt worden sei. Einen Teil der Mehrkosten konnten die Gutachter nicht begründen. Sie kommen allerdings zu dem Schluss, dass die Quote der Pflegefachkräfte nicht höher ist als in den anderen Ländern.
Insgesamt zeichne sich die Pflege auch nicht durch eine höhere Qualität aus. Es werde nicht überdurchschnittlich ausgebildet. Die Preisdifferenz sei ebenfalls nicht durch die Bewohnerstruktur in den Heimen zu erklären. Im Gegenteil: Der Anteil der Bewohner in der höchsten und teuersten Pflegestufe III ist unterdurchschnittlich, was zu fünf bis zehn Prozent niedrigeren Kosten führen müsste.
Laumann setzt daher vor allem auf die Verhandlungen zwischen Pflegekassen und Trägern. So würden beispielsweise in Niedersachsen Verhandlungen anhand von Kostenstrukturen in Musterheimen geführt. In NRW gilt dagegen: Ein Heim erhält die Kosten, die es belegen kann.
Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen als Vertreter kommunaler Träger zeigte sich im Gespräch mit unserer Zeitung offen für Änderungen. Der Caritasverband, Träger von rund 540 der insgesamt 2000 Einrichtungen im Land, kritisierte dagegen das Gutachten, das die Pflegesituation im Land "verkürzt" darstelle. So sei die Pflege besser als in anderen Ländern und daher teurer, sagt Martin Peis von der Caritas Essen.
Auch auf Seiten der Kassen, die immerhin die Kosten zu einem großen Teil tragen, hagelt es massive Kritik. Ellen von Itter, Sprecherin der AOK Rheinland/Hamburg, versteht die Welt nicht mehr. "Eine gute Pflege bekommen sie nicht umsonst", betonte sie und widerspricht wie Peis den Gutachtern, wonach die Qualität in Nordrhein-Westfalennicht höher sei. Ihr Fazit: "Gute Pflege ist nicht zum Nulltarif zu haben. Und eine Billigpflege lehnen wir ab."