NRW Problemfall Arbeitslosigkeit: Der schwierige Patient NRW

Die Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen sinkt seit Jahren - aber langsamer als im Rest der Republik. Inzwischen haben sogar Thüringen und Sachsen überholt - und können niedrigere Quoten vorweisen.

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Düsseldorf. „Niedrigste Arbeitslosigkeit seit 1993“, plakatiert die SPD in Nordrhein-Westfalen im Landtagswahlkampf. Die Opposition wähnt das Land dagegen im Dauerstau, verursacht von der rot-grünen Regierung. Wer hat Recht? Tatsache ist: Die Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen sinkt seit Jahren. Tatsache ist aber auch: Sie sinkt deutlich langsamer als im bundesweiten Durchschnitt. Die Schere zum Bundesniveau klafft immer weiter auseinander, unabhängig davon, wer in NRW das Sagen hatte.

Als 2005 erstmals nach Jahrzehnten eine schwarz-gelbe Koalition die Regierungsgeschäfte in Nordrhein-Westfalen übernahm, lag die Arbeitslosigkeit um 0,5 Prozentpunkte über dem bundesweiten Durchschnitt. 2010, als die Koalition von CDU und FDP abgewählt wurde, waren es schon 0,9 Prozentpunkte.

Dabei war der Trend durchaus positiv: von 12,1 auf 9,0 Prozent sank die Arbeitslosenquote im gleichen Zeitraum in NRW. Bremen, Berlin und die fünf ostdeutschen Bundesländer hatten höhere Quoten.

Seither hat sich Einiges getan: Im März 2017 hatten Sachsen (7,3 Prozent) und Thüringen (6,6) niedrigere Arbeitslosenquoten als Nordrhein-Westfalen. NRW liegt inzwischen gleichauf mit Brandenburg bei 7,6 Prozent - ist also im Mittelfeld der ostdeutschen Bundesländer angekommen. Der westdeutsche Durchschnitt liegt bei 5,5 Prozent.

Vorbei ist es mit dem früher typischen Nord-Süd-Gefälle, bei dem NRW sich im Mittelfeld sehen konnte. Keines der alten Flächenländer hat eine so hohe Arbeitslosigkeit wie Nordrhein-Westfalen, obwohl sich die Arbeitslosenquote in den vergangenen fünf Regierungsjahren von Rot-Grün in NRW um 0,7 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent weiter verringert hat.

NRW habe die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 1993, bestätigt die Chefin der NRW-Arbeitsagentur, Christiane Schönefeld, aber auch „so viele Arbeitslose wie Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg zusammen“.

„NRW ist nicht gerade als Wachstumszentrum bekannt. Es gelingt nicht so recht, Neues entstehen zu lassen“, sagt Arbeitsmarktforscher Holger Schäfer vom wirtschaftsnahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). „Es gibt in NRW eine verhärtete Arbeitslosigkeit - Stichwort Hartz IV - mit einer großen Zahl an Menschen, an die man schwer rankommt. Da muss man sich auch fragen, ob die bisherige Strategie richtig ist.“

„Die Arbeitslosigkeit ist zuletzt nur noch in der Gruppe der Ausländer gestiegen“, heißt es aus dem NRW-Arbeitsministerium. Unter ihnen sei der Anteil der Menschen ohne anerkannte Berufsausbildung besonders hoch. Da NRW einen höheren Ausländeranteil habe, sei auch der Rückgang der Arbeitslosenquote geringer ausgefallen als im Bund.

Vor der Landtagswahl 2012 lag die Quote um 1,3 Prozentpunkte über dem bundesweiten Durchschnitt von 7 Prozent. Inzwischen klafft sie noch ein Stück weiter auseinander: Es sind 1,6 Prozentpunkte - bei einer bundesweiten Quote von 6 Prozent.

Fast 313 000 Menschen waren 2016 in NRW ein Jahr oder länger arbeitslos gemeldet, also langzeitarbeitslos. Das waren 43,1 Prozent aller Arbeitslosen. Nur Bremen und Brandenburg haben einen höheren Anteil von Langzeitarbeitslosen.

Besser sieht es beim Stellenzuwachs aus: Da liegt NRW mit 7,0 Prozent mehr Arbeitsplätzen seit 2012 zwar auch leicht unter dem Durchschnitt von 7,6 Prozent, aber mit Platz 8 immerhin im Mittelfeld der Bundesländer.

Seit der Wirtschaftskrise von 2008 sei die Wirtschaftsleistung bundesweit um acht Prozent gestiegen, in NRW seien es gerade mal vier Prozent, sagt Professor Roland Döhrn vom RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Positives kann Döhrn dem letzten Jahr abgewinnen. „2016 haben wir mit rund 1,8 Prozent endlich wieder mal ein Wachstum, das dem Bundestrend entspricht“, sagt er. „Aufgeholt ist damit aber noch nichts.“

Ein Hoffnungsschimmer sei, dass NRW beim Steuergeld für die Verkehrswege endlich einen angemesseneren Anteil der Bundesmittel abbekomme. „Da war NRW abgehängt - das ist deutlich besser geworden.“