Schuldenfrei, Tafelsilber weg
Düsseldorf: Jetzt wird die Landeshauptstadt ihre letzten Schulden los. Nicht durch Sparen, sondern durch den Verkauf von Vermögen.
Düsseldorf. Wenn Oberbürgermeister Joachim Erwin über seine Stadt spricht, dann am liebsten in Superlativen. Da wird die Landeshauptstadt schon mal zur "Wirtschaftslokomotive Zentraleuropas" ernannt. Eine Nummer kleiner hat es der CDU-Mann nicht. Und deshalb wurmt es ihn wohl auch, dass Düsseldorf auf dem Weg zur schuldenfreien Stadt von Dresden überholt wurde. Dort schaffte man den Befreiungsschlag schon 2006 durch den Verkauf des Wohnungsbestandes. Auf seine Anregung hin, wie Erwin freilich reklamiert.
In Düsseldorf ist es am 12. September so weit. Dann verkauft die Stadt ihre letzten RWE-Aktien - und wird wirtschaftlich schuldenfrei. Heißt: Es laufen zwar noch Kredite, doch deren Summe ist niedriger als das, was die Stadt dann auf der hohen Kante hat.
Der Weg aus der Schuldenfalle gelang nicht durch Sparen: Die schwarz-gelbe Ratsmehrheit verkaufte seit 1999 schlicht Tafelsilber in großem Stil. Damals lag der Schuldenstand bei 1,57 Milliarden Euro. Danach wurden RWE-Aktien (an die WestLB) und die Mehrheit an den Stadtwerken (an EnBW) verkauft. Letzteres war hochumstritten: Ein Bürgerbegehren kam nur deshalb nicht zum Zug, weil CDU/FDP vorher vollendete Tatsachen schafften.
Längst stöhnt die Opposition hinter vorgehaltener Hand, dass sie kaum was zu kritisieren habe. Weshalb sie sich auf die Rolle des Mahners beschränken muss: Die Stadt dürfe sich mit ihren Investitionen nicht übernehmen. Scharfe Munition lieferte jetzt Erwins Verwaltung selbst: Bei zwei großen Bauprojekten liefen die Finanzen völlig aus dem Ruder, unter dem Strich stehen Mehrkosten von rund 30 Millionen Euro. Verursacht durch Schlamperei in der Verwaltung, wie Rechnungsprüfer attestierten.
Auf umgerechnet 38 Millionen Euro war Langenfelds Schuldenberg 1986 angewachsen. Heute steht die 59 000-Einwohner-Stadt nur noch mit 3,2 Millionen Euro in der Kreide. Die Pro-Kopf-Verschuldung sank von 788 Euro auf knapp 54 Euro. Wenn Langenfeld am 3. Oktober kommenden Jahres 60 Jahre alt wird, soll die Stadt ganz schuldenfrei sein.
Was hat Langenfeld anders gemacht als die Städte, die im Verschuldungssumpf zu versinken drohen? "Es kann nur das Geld ausgegeben werden, das eingenommen wird", sagt Bürgermeister Magnus Staehler (CDU). "Der entscheidende Schritt war, dass wir die Ratsmehrheit überzeugen konnten, eine Netto-Neuverschuldung Null mitzutragen. So kamen Überschüsse Jahr für Jahr unserer Entschuldung zugute", sagt Ex-Kämmerer Winfried Graw, der 1986 die Weichen für die Entschuldung gestellt hatte.
Auf Großinvestitionen mit unkalkulierbaren Folgekosten wurde verzichtet, Staehler predigt weiter "Bürgersinn statt Vollkasko-Mentalität" - und lässt deshalb auch die Langenfelder ihre Wohnstraßen selbst kehren.
Die Stadtverwaltung ist straff organisiert: Weniger Stellen mit mehr Verantwortung für den Einzelnen, aber übertariflicher Bezahlung als Anreiz. Ein Beispiel ist der Hausmeister-Pool, der rund 150 städtischen Gebäude betreut. Dort werden nur noch 24 statt 44 Hausmeister beschäftigt, Reparaturen nicht mehr vergeben, sondern selbst erledigt.
Wuppertal Die finanzielle Situation der Stadt Wuppertal ist dramatisch. Die Stadt hat Schulden in Höhe von 1,465 Milliarden Euro. Mit dem Haushalt 2007 kommt ein weiteres Defizit von 145 Millionen Euro dazu - Tendenz steigend. 2008 erhält die Stadt aus Schlüsselzuweisungen 50 Millionen Euro mehr, dann könnte das jährliche Defizit auf 100 Millionen Euro sinken. Die Gewerbesteuereinnahmen sind kaum gestiegen, das Aufkommen für 2007 beträgt 170 Millionen Euro. Aus eigener Kraft kann sich Wuppertal nicht aus der Schuldenfalle befreien, prophezeit Kämmerer Slawig.
Krefeld Die Stadt Krefeld hat im Haushalt 2007 eine Unterdeckung in Höhe von 366,2 Millionen Euro. Rund 350 Millionen davon sind Altschulden. Laut Haushaltssicherungskonzept soll die Neuverschuldung bis 2009 auf 0 gestellt werden, die Altschulden müssen bis 2014 abgebaut sein. Die Vermögenswerte der Stadt werden erst mit der Eröffnungsbilanz für das Neue Kommunale Finanzmanagement 2008 feststehen, könnten aber die Schulden decken.