Studie: NRW hat bundesweit höchste Kommunalsteuern

Was tun, wenn die kommunale Kasse leer ist? Viele Gemeinden setzen dann die Gewerbe- und Grundsteuer hoch. In Nordrhein-Westfalen drehen die Kommunen besonders kräftig an der Steuerschraube.

Laut einer Studie sind in NRW die Kommunalsteuern bundesweit am höchsten.

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Düsseldorf (dpa) - Die nordrhein-westfälischen Kommunen haben einer Analyse zufolge im bundesweiten Vergleich besonders kräftig an der Steuerschraube gedreht. Deswegen habe Nordrhein-Westfalen inzwischen die bundesweit höchsten Grund- und Gewerbesteuer-Hebesätze, so eine am Mittwoch in Stuttgart veröffentlichte Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young.

Seit 2010 hätten 93 Prozent der NRW-Kommunen den Grundsteuer-Hebesatz B, der von Haus- und Wohnungseigentümern zu zahlen ist, erhöht - nur 0,5 Prozent hätten ihn gesenkt. So habe der Satz in NRW vor einem Jahr bei 453 Punkten gelegen - der bundesweite Durchschnittswert habe 351 betragen.

Die NRW-Kommunen mit den höchsten Grundsteuer B-Hebesätzen seien zuletzt Selm und Haltern am See gewesen, wo der Satz jeweils 825 Punkte betragen habe. Den niedrigsten Satz hätten die Bürger in Harsewinkel mit 260 Punkten berappen müssen.

In Selm haben die betroffenen Haus- und Grundbesitzer vergeblich versucht, sich vor Gericht gegen die Erhöhung von 445 auf 825 Punkte zu wehren. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wies ihre Klagen ab. Die Kommunen hätten bei der Festsetzung einen weiten Ermessensspielraum, entschied das Gericht. Die Erhöhung sei weder willkürlich, noch führe sie zu einer erdrosselnden finanziellen Belastung.

Solange Bund und Land den Kommunen keine anderen Einnahmequellen verschafften, sei zu befürchten, dass die Steuerschraube weiter angezogen werde, sagte Rechtsanwalt Manfred Hüttemann vom Eigentümerverband Haus und Grund NRW in Dortmund.

Auch der Bund der Steuerzahler sieht das Land in der Pflicht. Von der Erhöhung der Grundsteuer seien Wohnungsmieter über die Nebenkosten ebenso betroffen wie Hausbesitzer. Der Landesvorsitzende Heinz Wirz hat deshalb den Landtag aufgefordert, eine verbindliche Obergrenze für die Grundsteuer B festzusetzen. Sie sollte sich an dem vom Land bei der Ermittlung der kommunalen Steuerkraft angesetzten fiktiven Hebesatz von 413 Prozentpunkten orientieren.

In Freudenstadt im Siegerland haben die Politiker vor einer besonders drastischen Erhöhung der Grundsteuer B zurückgeschreckt. Sie sollte in diesem Jahr von 440 auf 916 Punkte steigen. Vom Stadtrat wurde schließlich eine Anhebung auf 650 Punkte beschlossen, wie ein Sprecher der Stadt berichtete.

Auch bei der Gewerbesteuer verlangen NRW-Kommunen laut Studie Spitzensätze. 80 Prozent hätten die Gewerbesteuer erhöht. Für Gewerbetreibende sei Oberhausen der teuerste NRW-Standort. Die niedrigsten Gewerbesteuern verlange Monheim am Rhein.

CDU und FDP machten eine verfehlte Politik der rot-grünen Landesregierung für die hohen Steuersätze verantwortlich. Der Stärkungspakt Stadtfinanzen sei „vor allem ein kommunales Steuererhöhungsprogramm“, kritisierte der kommunalpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, André Kuper. FDP-Kommunalsprecher Kai Abruszat sagte laut Mitteilung, Handwerk, Mittelstand und Bürger müssten dafür bluten, dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) „Städte und Gemeinden am ausgestreckten Arm verhungern lässt“.