Steuer-CDs Tausende Daten über Steuerbetrüger werden Ermittlern frei Haus geliefert
NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) teilt die Erkenntnisse mit den Steuerfahndern im Ausland.
Düsseldorf. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) freut sich über das Geschenk eines anonymen Spenders. Während das Land in früheren Fällen für den Ankauf sogenannter Steuer-CDs mit Daten von Steuerstraftätern viel Geld hinblättern musste, gab es nun entsprechende Informationen frei Haus: Der Steuerfahndung Wuppertal wurde anonym eine Festplatte mit 160 000 Kontoinformationen einer luxemburgischen Bank zugesandt. Mit Daten von Deutschen und Bürgern aus 19 anderen europäischen Ländern. 54 000 der Fälle werden von Steuerfahndungen in Deutschland bearbeitet. Die übrigen Datenpakete werden den Ermittlern anderer Staaten, allen voran Belgien und Frankreich, zur Verfügung gestellt.
„Steuergerechtigkeit darf nicht an Grenzen scheitern“, sagt der Finanzminister. Es gehe auch um die Botschaft an Steuerhinterzieher: Immer mehr Verstecke für ihr Schwarzgeld fliegen auf. Ein weiteres nun ausgewertetes Datenpaket besteht aus Angaben über Stiftungen bei einer Schweizer Bank, die sieben Länder betreffen. Die Daten hatte die Steuerfahndung ihrerseits kostenlos von französischen Kollegen erhalten.
Seit Jahren engagiert sich der NRW-Finanzminister in besonderer Weise für den Erhalt von Informationen durch sogenannte Whistleblower, um so an Daten über Steuerhinterzieher zu kommen. NRW hat bislang elf Datenträger beschafft und dafür rund 17,9 Millionen Euro an die Insider gezahlt, die sich auf welchen Wegen auch immer in den Besitz der Daten gebracht hatten. Dabei beteiligten sich der Bund und die anderen Bundesländer an den Kosten, so dass der NRW-Haushalt nur etwa zehn Prozent der Kosten tragen musste.
NRW hat mit der Beschaffung von Steuer-CDs, den daraufhin verhängten Geldstrafen und den durch den Ankauf ausgelösten Selbstanzeigen laut Finanzministerium Mehreinnahmen von rund 2,1 Milliarden Euro erzielt. Bundesweit liegen die Mehreinnahmen bei sechs Milliarden Euro.
Die zu Beginn umstrittene Methode des Ankaufs aus dubioser Quelle — Stichwort: „der Staat als Hehler“ — stellte Walter-Borjans am Freitag in einen größeren Zusammenhang der Haushaltspolitik: Es würden immer wieder Steuererleichterungen gefordert. Gleichzeitig benötige man aber Geld für wichtige Investitionen — etwa in Bildung oder Innere Sicherheit. Andererseits müsse die Schuldenbremse eingehalten werden. Das Generieren von Einnahmen über die Inanspruchnahme von Steuerhinterziehern habe viel damit zu tun, „diese Quadratur des Kreises hinzukriegen.“ Wenn man es schaffe, „dieses Betrügen und Umgehen einzuschränken, dann ist es möglich, die Ziele Schuldenbremse und wichtige Investitionen zu verwirklichen. Und gegebenenfalls kleinere und mittlere Einkommen ehrlicher Steuerzahler zu entlasten“.
Dabei träfen die Maßnahmen durchaus die Richtigen. Die Steuerhinterziehung gehe zu Lasten der Allgemeinheit. Walter-Borjans: „Diejenigen, die hier ehrlich Steuern zahlen, haben Nachteile gegenüber denjenigen, die genauso die Möglichkeiten eines wirtschaftlich starken Raumes nutzen — und sich beim Schaffen der Voraussetzungen für die erforderliche Infrastruktur aus dem Staub machen.“
Wie aber erklärt sich der Finanzminister, dass den Steuerfahndern die Festplatte mit den Daten kostenlos zugesteckt wurde? Wo doch solche Daten sonst zu deftigen Preisen verkauft werden? Walter-Borjans: „Ich vermute, dass es Menschen gibt, die nach einer Reihe von Jahren, in denen sie selbst mitgemacht haben bei Gesprächen in abhörsicheren Räumen einer Bank, irgendwann mit der Last nicht mehr zurechtkommen. Und sagen: Ich möchte damit Schluss machen.“