Trend bei Behinderten: In der Gruppe statt im Heim

Neue Formen der Unterbringung sollen auch die Kosten drücken.

Düsseldorf. Eine größere Selbstständigkeit, eine intensivere Betreuung, kleinere Einheiten - immer mehr Behinderte leben in Wohngruppen oder gar in den eigenen vier Wänden. Seit dem Jahr 2003 hat sich deren Zahl von 11 000 auf nun 22 000 exakt verdoppelt, teilten gestern die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen mit. Die Verbände sind für die Finanzierung der Unterbringung zuständig. Sie wollen das betreute Wohnen noch weiter ausbauen.

Bis zum Jahr 2009 sollen weitere 3500 Plätze für Behinderte in der betreuten Wohnform entstehen, kündigten Udo Molsberger, Direktor des Landschaftsverbands Rheinland, und Wolfgang Kirsch, Amtsbruder von Molsberger in Westfalen, an. Dafür nehme man viel Geld in die Hand - um Wohngruppen auszugestalten, um Personal zu qualifizieren.

Die Landschaftsverbände haben ehrgeizige Ziele. Bis zum Jahr 2011 wollen sie mindestens 40 Prozent der Behinderten in betreuten Wohnformen unterbringen. Derzeit leben noch 44 000 Behinderte in den traditionellen Wohnheimen. Die Zahl der Behinderten werde weiter zunehmen - weil die Lebenserwartung in dieser Bevölkerungsgruppe rasant steige, sagten Molsberger und Kirsch.

Die Landschaftsverbände machen aber kein Hehl daraus, dass sie die Betreuung der Behinderten auch nach finanziellen Aspekten betrachten. Die Unterbringung in einem Heim kostet derzeit im Schnitt rund 100 Euro am Tag, die ambulante Betreuung liegt 50 bis 30 Euro darunter. Da schlummert ein gewaltiges Einsparpotenzial, sagten die beiden Landschaftsverbands-Direktoren voraus. Um bis zu 50 Millionen Euro jährlich könnten die Kosten landesweit sinken. Derzeit geben die Landschaftsverbände 1,8 Milliarden Euro im Jahr für die Unterbringung Behinderter aus. Noch liegt der Anteil der Kosten für die stationäre Heimunterbringung bei etwa 80 Prozent.

Das neue Konzept hat auch Konsequenzen für die alten Standorte. Zum Beispiel in Bedburg-Hau sank die Zahl der Unterbringungsplätze von 4000 Mitte der 70er Jahre auf nun 1200, wie Molsberger mitteilte. Ähnliches gilt für die westfälischen Standorte wie etwa Bethel. Allerdings werden sie im kleineren Umfang noch gebraucht - als Pflegestationen für alte Behinderte. Das unterstrich der westfälische Landschaftsverbandsdirektor Kirsch.