Kopftuchverbot: Grace-Kelly-Variante verboten
Auch wenn eine Lehrerin das Tuch nach dem Vorbild der Schauspielerin trägt – in der Schule ist und bleibt es tabu.
Düsseldorf. Muslimische Lehrerinnen dürfen an NRW-Schulen weiterhin kein Kopftuch tragen. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht wies die Klage der Frauenbeauftragten des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Maryam Brigitte Weiß, ab und bestätigte damit das seit Juni 2006 gesetzlich geltende Verbot. Die 52-Jährige unterrichtet seit 1980 an einer Hauptschule in Haan. Es war der erste Fall in NRW, bei dem einer langjährigen Beamtin das Tragen eines Kopftuchs gerichtlich untersagt wurde. Verstößt sie dagegen, droht ihr ein Disziplinarverfahren.
"Ich möchte niemanden missionieren, sondern nehme nur mein Recht auf religiöse Selbstbestimmung in Anspruch", sagte die 52-jährige Pädagogin. Sie trägt das Tuch nach der von ihr selbst so genannten "Grace-Kelly-Variante" - in Anlehnung an die Schauspielerin und spätere Fürstin von Monaco. Dabei wird das Kopftuch im Nacken zusammengeknotet. "Grace Kelly war eine tolle Frau. Sie hat so ein Kopftuch immer im Cabrio getragen", sagt sie. Für sie sei diese Variante ein Kompromiss zum islamischen Kopftuch.
Die Lehrerin für Deutsch, Erdkunde und Wirtschaftslehre wurde 1984 Beamtin des Landes. Zwei Jahre später trat sie aus der evangelischen Kirche aus und konvertierte zum Islam. Nur aus Rücksicht auf den schwer herzkranken Schulleiter habe sie das Kopftuch im Unterricht nicht getragen, betonte sie gestern. Bei Klassenfahrten und außerschulischen Veranstaltungen habe sie ihre Haare jedoch unter dem Stoff bedeckt. "Die Schüler kennen mich gar nicht anders", sagt Maryam Brigitte Weiß. Im vergangenen Jahr jedoch wollte sie auch im Schuldienst nicht mehr auf das Kopftuch verzichten. Mit dem neuen Gesetz habe das allerdings nichts zu tun gehabt.
Nach Auffassung der Richter stellt das Kopftuch eine religiöse Bekundung dar und verstößt damit gegen das staatliche Neutralitätsgebot an den Schulen. "Religiöse Bekundungen im Schuldienst sind grundsätzlich zu unterlassen", sagte der Vorsitzende Richter. Dass Maryam Brigitte Weiß ihr Kopftuch nicht in der "islamischen Version", sondern als "Grace-Kelly-Variante" binde, mache keinen Unterschied. "Allein, dass sie das Kopftuch ständig trägt, zeigt, dass es ein Erkennungsmerkmal ihrer religiösen Gesinnung ist."
§ 58 Schulgesetz "Lehrer dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußere Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, das bei Schülern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass ein Lehrer gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt."
Ich möchte niemanden missionieren. Ich nehme nur mein Recht auf religiöse Selbstbestimmung in Anspruch - sagt die Lehrerin. Ja, und was ist mit dem Grundrecht der Schüler auf Religionsfreiheit? Sie haben einen Anspruch darauf, vom Staat nicht zwangsweise dem Einfluss einer Religion ausgesetzt zu werden. Auch wenn dies nur mittels eines Symbols wie dem Kopftuch geschieht. Eine Lehrerin übt nun mal eine Vorbildfunktion aus. Und sie führt auch ohne ein ausdrückliches Missionieren den Schülern ihre Glaubensüberzeugung ständig und unübersehbar vor Augen. Sie steht täglich stundenlang im Mittelpunkt des Unterrichts. Aus Sicht der Schüler ohne Ausweichmöglichkeit und besonders intensiv.
Niemand will Ihnen Ihre Religionsfreiheit nehmen, Frau Weiß. Aber bitte beschränkt auf Ihren Privatbereich. Und nicht auf Kosten der negativen Religionsfreiheit der Schüler! Weil diese Bitte bei Ihnen verhallt, ist es gut, dass Gerichte mehr tun als nur bitten.