Verbaraucherzentrale NRW klagt gegen Unitymedia Unitymedia: Öffentliches Netz aus privaten Routern

Unitymedia will Hotspots über Privatkunden einrichten. Die Verbraucherzentrale in NRW klagt dagegen. Sie sieht einen Präzedenzfall.

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Düsseldorf. Die Vernetzung der Dinge ist im vollen Gang. Smartphones sind mit dem Stromzähler und der Heizung verbunden ebenso wie mit dem Fernseher — und alles hängt am Router, den der Internetanbieter zur Verfügung stellt. Aber welche Zugriffsrechte hat der auf das Gerät?

Um das zu klären, reicht die Verbraucherzentrale NRW jetzt Klage beim Landgericht Köln gegen Unitymedia ein. Die Firma will ab diesem Sommer 1,5 Millionen WLAN-Hotspots für ihre Kunden im NRW, Hessen und Baden-Württemberg einrichten — über die Router eben dieser Bestandskunden. Dafür soll ein zweites Internet-Signal auf die Geräte gespeist werden.

Genau das bemängeln die Verbraucherschützer. Das sei eine Vertragsänderung, die einer neuen Zustimmung der Kunden bedürfe — also eines neuen Vertrages. Unitymedia informierte die Kunden stattdessen seit April nur per Brief und räumt ein nachträgliches Widerspruchsrecht ein — eine Opt-Out-Möglichkeit. „Mit einem Opt-In-System — einer vorherigen Zustimmung — würde das kaum funktionieren“, sagt Helge Buchmeister, Sprecher von Unitymedia. Der Netzbetreiber sieht sich im Recht — und ist willens, vor Gericht zu ziehen. „Einer gerichtlichen Klärung sehen wir mit Zuversicht entgegen“, gibt sich der Sprecher optimistisch.

Denn während die Verbraucherzentrale hier einen Beispielfall sieht, der über die Rechte von Anbietern und Verbrauchern an geliehenen Geräten entscheiden kann, sagt Unitymedia, der Fall sei dazu nicht geeignet.

Buchmeister sagt, dass die Freischaltung eines zweiten Signals weder den Stromverbrauch beeinträchtige noch die Bandbreite des ersten Routersignals, genauso wenig erhöhe sich die Strahlung. „Das Vertragsverhältnis wird somit nicht beeinträchtigt und bleibt unberührt“, so Buchmeister, „eine explizite Einwilligung der Nutzer ist deshalb nicht erforderlich.“ Miriam Rusch-Rodosthenou, Sprecherin der Verbraucherzentrale NRW, sagt dagegen klar: „Es muss eine vertragliche Grundlage für den Wifi-Spot geben.“

Unitymedia betont vor allem die vermeintlichen Vorteile durch ihr Vorgehen und will davon möglichst viele Kunden profitieren lassen. Der Internet-Anbieter erhofft sich durch die Erweiterung des öffentlichen Netzes in den Städten eine wesentlich höhere WLAN-Verfügbarkeit für ihre Kunden. Schon jetzt betreibt die Firma 1000 öffentliche Hotspots in 100 Städten in NRW, Hessen und Baden Württemberg. In Düsseldorf beispielsweise sind das 41, in Wuppertal 17 und in Krefeld 21.

Die juristisch unklare Erweiterung des Vertrages ist aber nicht der einzige Kritikpunkt der Verbraucherschützer. Die monierten ebenfalls eine Änderung der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die sollten Kunden dazu verpflichten, die Router dauerhaft am Strom zu lassen, um die Verbindung für andere Nutzer nicht zu unterbrechen. „Die Klausel ist nach unserer Auffassung unwirksam“, sagt Miriam Rusch-Rodosthenou — und hat insofern recht bekommen, als Unitymedia diese Klausel bereits entfernt und eine Unterlassungserklärung abgegeben hat. Das Unternehmen räumt ein, dass es bei der Kommunikation der Änderung nicht alles richtig gemacht habe — das hätten die Reaktion der Kunden und der Verbraucherzentrale gezeigt. Alles Weitere sei aber unproblematisch.

Es gehe der Verbraucherzentrale nicht darum, die Vernetzung aufzuhalten. WLAN-Netze seien generell kein Schritt in die falsche Richtung, sagt die Sprecherin. Aber die Kunden müssten eben befragt werden und entscheiden können, ob sie mitmachen wollen.

Möglicherweise kann das Verfahren für andere Anbieter Signalwirkung haben. Denn auch bei Vodafone Kabel Deutschland, TeleColumbus/Primacom und der Telekom gibt es ein sogenanntes Community-WLAN-Angebot. Über deren Angebote habe es aber bisher keine Beschwerden gegeben, so Rusch-Rodosthenou.

Dennoch: Der Gerichtsentscheid kann Auswirkungen für Anbieter haben, die so etwas noch planen — oder auf die Geräte zugreifen wollen, die sie ihren Kunden zur Verfügung stellen. Bisher gebe es keinen Präzedenzfall, sagt die Verbraucherzentrale. Deswegen müsse das jetzt geklärt werden. Das angestrebte Verfahren kann mit darüber entscheiden, was Anbieter mit den Geräten machen, die die Kunden zu Hause stehen haben.