Verdi fordert Schuldenschnitt für NRW-Kommunen

Die Gewerkschaft fordert einen Entschuldungsfonds, der vom Land finanziert werden soll.

Leere Ladenlokale in Oberhausen: Die Ruhrgebietsstadt gehört zu den höchstverschuldeten Kommunen in Deutschland.

Foto: Caroline Seidel

Düsseldorf. Aus eigener Kraft wird es den klammen Kommunen in Nordrhein-Westfalen kaum gelingen, ihre desolate Finanzsituation in den Griff zu bekommen. Dieses Fazit zieht die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi aus ihrem Kommunalfinanzbericht und fordert die neue Landesregierung auf, einen „großvolumigen Entschuldungsfonds als Sondervermögen des Landes“ einzurichten.

Aktuell beläuft sich der Kassenkreditbestand der NRW-Kommunen auf satte 26,8 Milliarden Euro. Einen tatsächlichen Schuldenschnitt würde dies für die betroffenen Städte und Gemeinden zwar nicht bedeuten; vielmehr könne das Land zu günstigen Zinskonditionen Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen und so den Fonds finanzieren, so dass die finanzielle Last sich auf das Land verlagern würde.

In der Frage, ob und in welchem Zeitraum profitierende Kommunen die finanzielle Nothilfe aus dem Fonds dann zurückzahlen müssten, legen die Gewerkschafter sich derweil nicht fest. „Natürlich beinhaltet unser Vorschlag noch kein fertiges Konzept“, räumt Verdi-Sprecher Günter Isemeyer ein. „Denkbar wäre aus unserer Sicht aber durchaus, den Stärkungspakt-Kommunen ihre Schuldenlast vollständig oder zumindest in Teilen zu erlassen, damit diese wieder mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen.“

So könnten die Städte und Gemeinden in dringend benötigte Infrastrukturmaßnahmen investieren und mehr Steuereinnahmen generieren, um gleichwertige Lebensverhältnisse in den Städten und im ländlichen Raum zu schaffen.

„Der Zeitpunkt für diesen Schritt ist ideal“, argumentiert Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt. „Nächstes Jahr werden die Steuern erhöht und das Land hat jetzt die Möglichkeit, so günstig wie nie Kredite zu erhalten.“ Ein Vorbild für das Modell könnte laut Verdi Hessen sein — dort werden konsolidierungsbedürftige Städte und Gemeinden mit dem „kommunalen Schutzschirmgesetz“ bereits auf ähnliche Weise wieder handlungsfähig gemacht.

Um die finanzielle Ausstattung der Kommunen dauerhaft zu verbessern, müsse die Politik das Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, bezahlt“ walten lassen, regt Wirtschaftswissenschaftler Achim Truger an. Will heißen: Finanzielle Belastungen, die das Land oder der Bund den Kommunen aufbürden, müssen auch vom Auftraggeber finanziert werden.

Rückenwind für den Vorschlag erhält Verdi von der NRW-SPD. „Die Forderungen für einen Entschuldungsfonds für die Kommunen gehen in die richtige Richtung“, teilte der Abgeordnete Christian Dahm mit. „Durch einen Fonds würden die Kommunen von einem großen Teil ihrer Schulden befreit und auch von künftigen Zinsrisiken entlastet.“

Eine Gefahr, dass überschuldete Kommunen durch eine solche Hilfeleistung erst recht über ihre Verhältnisse leben, sieht Verdi indes nicht. Zudem hätten viele Kommunen ihre Überschuldung nicht selbst zu verantworten.

Das NRW-Finanzministerium gab gestern auf Anfrage unserer Zeitung keine Einschätzung zu dem Vorschlag ab, doch setzt die neue Landesregierung wohl künftig auf mehr wirtschaftliche Eigenverantwortung der Kommunen. Ein Beispiel: Die Solidaritätsumlage, der Kommunalsoli, wurde von Schwarz-Gelb bereits abgeschafft.