Libyen: Rebellen auf Vormarsch
Die Luftangriffe der westlichen Koalition haben Gaddafis Milizen schwer getroffen.
Tripolis. Sie riefen Siegesparolen, hupten in ihren Autos, schossen in die Luft — und zogen weiter. Die Milizionäre der libyschen Regimegegner hielten sich am Samstag nicht lange damit auf, die Wiedereroberung der Küstenstadt Adschdabija auszukosten. In der Nacht zu Sonntag nahmen sie die Ölstadt Brega ein.
Kurz darauf marschierten sie im 190 Kilometer westlich gelegenen Ölhafen Ras Lanuf ein. Kampflos — denn nach den massiven Luftangriffen der westlichen Militärallianz zogen sich die Truppen des Machthabers Muammar al-Gaddafi weit in Richtung Westen zurück.
Die Aufständischen träumen schon von der Eroberung Sirtes, der Geburtsstadt des verhassten Diktators Gaddafi. Doch bis dort sind es von Brega noch mehr als 300 Kilometer. Wo auch immer die Gaddafi-Truppen sich auf dem langen Weg nach Sirte verschanzen werden, die Rebellen werden erneut die Unterstützung durch Luftangriffe der West-Koalition benötigen.
Für eigene Offensiven sind sie zu schlecht ausgerüstetet und militärisch nicht ausreichend organisiert. Die Regimegegner können nur leicht bewaffnete Freiwilligen-Verbände aufbieten, in denen Enthusiasmus und Freiheitsliebe die militärische Disziplin ersetzen müssen.
Das Regime in Tripolis beschwert sich über die sich abzeichnende Veränderung des strategischen Gleichgewichts infolge der westlichen Intervention. Die Rebellen nutzen die Deckung der Luftschläge zum Vormarsch, monierte Regierungssprecher Ibrahim Mussa in Tripolis. Dies habe nichts mehr mit dem Mandat der UN-Sicherheitsratsresolution 1973 zu tun, das sich lediglich auf den Schutz der Zivilbevölkerung erstrecke.
Doch der Umschwung bei Adschdabija befreite gerade auch die Zivilisten dieser 140.000-Einwohnerstadt vom Terror. Die meisten Bewohner waren vor den Gaddafi-Truppen in die Wüste geflohen. In Nomadenzelten warteten sie auf ein Ende des Schreckens. Dass sie nun wieder nach Hause können, verdanken sie den Kampfflugzeugen der Koalition.