Licht am Ende des Tunnels: Belgische Parteien wollen verhandeln
Vertreter beider Landesteile wollen im August über die Bildung eines Regierungsbündnisses sprechen.
Brüssel. Mehr als 400 Tage nach den letzten Parlamentswahlen gibt es in Belgien erstmals konkrete Aussichten auf die Bildung einer neuen Regierung. Acht Parteien aus beiden Landesteilen, dem flämischen Norden und dem wallonischen Süden, haben sich verständigt, im August formelle Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Grundlage ist ein Papier des königlichen „Regierungsbildners” und Chefs der wallonischen Sozialisten, Elio di Rupo, das eine weitere Stärkung der Regionen zu Lasten der Zentralgewalt vorsieht.
Di Rupo, der Beauftragte von König Albert II. und mögliche künftige Ministerpräsident, erstattete dem Monarchen in der Nacht zu Freitag Bericht, dass er sich nun doch in der Lage sehe, in reguläre Verhandlungen über eine weitere Verfassungsreform und die Bildung eines neuen Regierungsbündnisses einzusteigen.
Belgien wird seit den Wahlen vom Juni 2010 geschäftsführend von einem Kabinett unter dem flämischen Christdemokraten Yves Leterme regiert. Die Übergangsregierung kann aber keine längerfristigen Entscheidungen treffen. Rating-Agenturen und Anleger haben signalisiert, dass auch Belgien in eine schwere Schuldenkrise schlittern könnte, wenn es die politische Selbstblockade nicht zügig beendet.
Das geplante Bündnis, das eine verfassungsändernde Mehrheit besäße, besteht aus den Christdemokraten, Sozialisten, Liberalen und Grünen beider Landesteile. Der Wahlsieger in Flandern, die separatistische N-VA, ist nicht beteiligt.
König Albert hatte diese Woche in seiner Rede zum Nationalfeiertag ungewöhnlich direkt Sorge um das Land bekundet und die Parteien zum Kompromiss gemahnt. Albert gilt als entschiedener Gegner vorgezogener Neuwahlen, die vermutlich unvermeidlich wären, wenn Di Rupos Mission scheitert.