Lissabon-Vertrag: Europas wichtigste Unterschrift

Tschechiens Staatschef Vaclav Klaus gibt seinen zähen Widerstand auf und signiert als letzter das EU-Reformwerk.

Brüssel. Jetzt kann und soll es ganz schnell gehen: Das letzte Hindernis Tschechien ist so gut wie überwunden, die Europäische Union ist auf Kurs, den Lissabon-Vertrag noch in diesem Jahr in Kraft setzen zu können - fast acht Jahre nachdem die Ausarbeitung der neuen Geschäftsordnung in Gang gesetzt wurde. Erwartungsgemäß wies das tschechische Verfassungsgericht gestern auch die jüngste Beschwerde gegen den Reformvertrag zurück.

Wenige Stunden später strich der Mann die Segel, der die ganze Prozedur am zähesten aufgehalten hatte: Tschechiens Präsident Vaclav Klaus leistete seine Unterschrift. "Es war ein Hürdenmarathon, aber jetzt ist die letzte Hürde aus dem Weg geräumt", sagte EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso. Nunmehr können die Tschechen als 27. und letztes Land der EU ihre Ratifizierungsurkunde in Rom hinterlegen, wo seit Gründung der Gemeinschaft 1957 alle Verträge aufbewahrt werden. Vorausgesetzt, Prag lässt sich nicht aus unerfindlichen Gründen mit der Übermittlung des "Ratifikationsinstruments" ungebührlich Zeit, könnte der Vertrag zum 1. Dezember wirksam werden.

Nächster Schritt ist jetzt die Besetzung der beiden neuen Top-Posten, die mit der Lissabon-Ordnung geschaffen werden. Das ist zum einen ein "Präsident des Europäischen Rates", der die Gipfel der Staats- und Regierungschefs organisiert und die Union auf oberster Ebene international vertritt. Zum andern der "Hohe Vertreter für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der EU-Kommission", besser bekannt unter der Bezeichnung "EU-Außenminister". Beide Personalien mussten auf dem EU-Gipfel vergangene Woche verschoben werden, weil der Abschluss der Ratifizierung noch ungewiss war.

Das wird nun auf einem kurzen Sondergipfel nachgeholt, entweder schon am kommenden Wochenende oder gleich nach den Feiern zum 20. Jahrestag des Mauerfalls, also Mitte kommender Woche.

Der Termin hängt davon ab, ob die Schweden als derzeitige EU-Manager schon sicher seien, die Verteilung der Posten zügig zum Abschluss bringen zu können, oder ob sie noch Zeit zur Vorbereitung brauchten.

Offenbar sind sich Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy über die Besetzungsfragen bereits einig und zuversichtlich, die Partner von ihren Vorstellungen überzeugen zu können. Beider Plan schließt nach Informationen aus Regierungskreisen auch die Schlüsselressorts der neuen EU-Kommission ("Barroso II") ein, in der Deutschland mit dem bisherigen Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten Günter Oettinger (CDU) vertreten sein wird.

Barroso wird versuchen, seine Mannschaft auf Grundlage der Nominierungen durch die Mitgliedstaaten bis Ende des Monats zusammenzustellen. Dann könnte das EU-Parlament die Kandidaten noch im Dezember zu den Anhörungen laden und das Team in der Plenarsitzung am 16. Dezember bestätigen.